Washington. . Google wagt einen neuen Vorstoß bei den sozialen Netzwerken. Der Internetriese startete am Dienstag mit seinem neuen Dienst Google Plus einen Rivalen zum Marktführer Facebook. Derzeit befinde sich das Projekt noch in einer Testphase.
Google startet einen neuen Anlauf, um auf dem riesigen Markt der sozialen Netzwerke Fuß zu fassen. Der US-Internetkonzern kündigte am Dienstag den Testlauf eines neuen Dienstes namens Google Plus an, der die Grundlage für ein umfangreiches Angebot für Kontakte und Kommunikation im Internet werden soll. Google warb dabei mit der Möglichkeit für Benutzer, ihre Privatsphäre stärker zu schützen und zu kontrollieren, welche Online-Bekanntschaften Zugang zu welchen Daten erhalten. Ohne direkt Facebook beim Namen zu nennen erklärte Google, bei anderen Netzwerken seien entsprechende Strukturen nachträglich „angeschraubt“ worden und funktionierten nicht so gut.
Mit Video-Chat-System
Zu den Kernelementen des neuen Dienstes Google+ soll die Möglichkeit gehören, seine Online-Freundschaften nach „Kreisen“ zu definieren. Diese werden auch in der deutschsprachigen Presseerklärung „Circles“ genannt. „Die Leute verwenden im richtigen Leben „Kreise“, um zu kommunizieren und Dinge genau den richtigen Leuten mitzuteilen“, hieß es. „Mit „Circles“ bringen wir die Bekanntenkreise in die Software.“ Google Plus soll unter anderem auch ein eigenes Video-Chat-System mit bis zu zehn Teilnehmern anbieten.
Eine Teilnahme am Testlauf von Google Plus ist nur auf Einladung möglich. Wann das System für einen größeren Kreis geöffnet wird, wurde zunächst nicht mitgeteilt.
Google hat mehrere Rückschläge bei dem Versuch erlitten, den Platzhirschen Facebook - der inzwischen 700 Millionen Nutzer zählt - anzugreifen. So war die Einführung des Dienstes Google Buzz von Datenpannen begleitet. Man habe danach ganz von vorne angefangen, sagte der Produkt-Manager Bradley Horowitz. „Wir haben eine Menge durch Buzz gelernt“, erklärte er. „Und eine der Dinge, die wir gelernt haben, ist, dass es eine wirkliche Marktlücke für ein Produkt gibt, das die Sorgen der Menschen über die Privatsphäre anspricht und über die Art, wie ihre Daten verbreitet werden.“ Google und Facebook sind wiederholt von Datenschützern kritisiert worden.
Bedrohung durch Facebook unterschätzt
Der ehemalige Google-Manager Eric Schmidt hat es als den größten Fehler seiner Karriere bezeichnet, die Bedrohung durch den Konkurrenten Facebook nicht ausreichend ernst genommen zu haben. Er und seine Vorstandskollegen hätten nicht genug getan, um dem sozialen Netzwerk Paroli zu bieten, sagte Schmidt am späten Dienstagabend auf einer Konferenz im US-Staat Kalifornien.
Google plus
Zwar habe er bereits vor vier Jahren darauf hingewiesen, dass Google mehr in soziale Netzwerke investieren müsse, sein Anliegen jedoch nicht mit ausreichend Nachdruck verfolgt. „Ich habe es versaut“, sagte Schmidt.
Schmidt war Anfang April von Google-Mitgründer Larry Page als Geschäftsführer abgelöst worden. Page hatte kurz darauf den Ausbau der sozialen Netzwerke zur wichtigsten Aufgabe von Google erklärt.
Schmutz-Kampagne von Facebook
Der Konkurrenzkampf zwischen Facebook und Google hat erst vor wenigen Wochen einen neuen Höhepunkt erreicht. Das soziale Netzwerk Facebook hat sich mit einer Schmutz-Kampagne gegen den Internetriesen Google blamiert. Die Werbeagentur Burson-Marsteller sollte dafür sorgen, dass kritische Berichte über Googles Umgang mit dem Datenschutz erscheinen. Der geheime Plan flog auf, weil ein Blogger das entsprechende Angebot von Burson-Marsteller ablehnte und stattdessen die E-Mails der Agentur im Netz veröffentlichte.
Facebook gab die PR-Panne zu. Eine „Verleumdungskampagne“ sei aber weder gewollt gewesen noch in Auftrag gegeben worden, erklärte ein Sprecher des Online-Netzwerks. Facebook habe lediglich erreichen wollen, dass Dritte - Blogger oder Journalisten - überprüfen, dass Google ohne Erlaubnis der Nutzer Informationen auf den Facebook-Seiten sammle und verwerte.
Facebook habe Burson-Marsteller engagiert, um Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken. Die Agentur habe „öffentlich zugängliche Informationen“ nutzen sollen. Eine Entschuldigung bot der Unternehmenssprecher nicht an. Facebook hätte die Sache aber „seriös und transparent“ handhaben müssen, räumte er ein.
Kampagne flog auf
Burson-Marsteller bestätigte, von Facebook angeheuert worden zu sein. Ein Angestellter der Werbeagentur hatte unter anderem jenen Blogger als Gastautor umworben, der auf der Webseite „The Daily Beast“ die Affäre schließlich ans Licht brachte. „Die US-Bürger müssen erfahren“, was Google mit ihren Daten anstelle, zitierte der Blogger aus der E-Mail. Der Name Facebook als Auftraggeber fiel dabei nicht. Offenbar sollte der Eindruck erweckt werden, die Kritik komme von einer unabhängigen Quelle und nicht von der Konkurrenz.
Genau dies sei falsch gewesen, räumte die Werbeagentur ein. Dies verstoße gegen ihre eigenen Regeln. „Wenn wir mit den Medien in Kontakt stehen, müssen wir in Bezug auf unsere Kunden strenge Transparenz-Standards einhalten“, hieß es in einer Erklärung. Allerdings betonte Burson-Marsteller, dass alle Informationen, die Medien zugespielt worden seien, bereits öffentlich gewesen seien.
Die aufgeflogene Kampagne richtete sich gegen den Dienst Social Circle, bei dem Google Informationen über den virtuellen Freundeskreis von Nutzern sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter verwertet. Bei einer Internetsuche schlägt Google dann gesondert Ergebnisse vor, die Freunde und Bekannte betreffen.
Heikler Fall
Die Affäre zeigt einmal mehr die Rivalität zwischen dem Internetriesen Google und dem ständig wachsenden sozialen Netzwerk Facebook. Beide Unternehmen ringen um Erlöse aus der Online-Werbung und versuchen dabei, möglichst viele Nutzer auf ihre Seiten zu locken. Mit 600 Millionen Besuchen pro Monat stellt Facebook eine Bedrohung für die Vormachtstellung des Suchmaschinen-Giganten im Netz dar - und rund zehn Prozent seiner Angestellten warb das soziale Netzwerk bei Google ab.
Der Fall ist auch deshalb heikel, weil Facebook im Umgang mit dem Datenschutz selbst am Pranger steht. Verbraucherschützer kritisierten das soziale Netzwerk jüngst wegen Missachtung der Datenschutzbestimmungen in Deutschland und der Europäischen Union. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Gerd Billen, rief den Großinvestor Goldman Sachs auf, Einfluss auf die Unternehmenspolitik von Facebook zu nehmen. Facebook „macht was es will, statt sich an Recht und Gesetz zu halten“. (rtr/afp/dap)