Tokio. . Ein erneuter Zwischenfall in einem Atomkraftwerk in Japan droht die knappe Stromversorgung im Land weiter zu verschärfen. Im AKW Ooi gab es in einem Reaktorbehälter einen Druckverlust. Der Betreiber nimmt den Reaktor vorläufig vom Netz.
Nach einer Panne in einem Atomkraftwerk in Westjapan wird ein weiterer Reaktor abgeschaltet. Dadurch verschärft sich die Stromknappheit nach der Atomkatastrophe von Fukushima weiter. Bei der Störung im AKW Ohi 350 Kilometer westlich von Tokio sei aber keine Radioaktivität ausgetreten, teilte der Energieversorger Kansai Electric Power am Samstag mit. Nach einem Druckabfall in einem Tank mit Borsäure soll der Reaktor nun überprüft werden. Damit sind ab kommender Woche nur noch 16 der 54 Reaktoren in Japan in Betrieb.
Noch Anfang Juli hatte die japanische Regierung angekündigt, man wolle mittelfristig alle 54 AKWs wieder ans Netz bringen. Zuvor allerdings wollte man sie durch einen „Stresstest“ auf ihre Sicherheits überprüfen.
„Das Stromangebot war von vornherein recht knapp“, sagte Atomminister Goshi Hosono. Das Problem in dem Reaktor in Ohi verschlimmere nun die Situation im Westen Japans. Ziel sei, die Einschränkungen für Firmen und Verbraucher so klein wie möglich zu halten. „Aber es ist völlig klar, dass die Situation jetzt sehr ernst geworden ist“, betonte Hosono.
Strom-Engpässe in der Region Tokio
Um Engpässe zu vermeiden, müssen Firmen mit hohem Energiebedarf in den von Erdbeben und Tsunami betroffenen Gebieten ihren Stromverbrauch im Sommer zurückfahren. In der Region Tokio und im Norden Japans fordert die Regierung schon eine Reduzierung um 15 Prozent. Wegen Sicherheitsbedenken nach dem Atomdesaster in Fukushima blieben mehrere Reaktoren nach Wartungsarbeiten vom Netz.
Kansai Electric hat bislang seine Kunden nur zu freiwilligen Stromeinsparungen aufgefordert. Der Energiekonzern versorgt etwa die Stadt Osaka. Zu den Kunden gehören die Elektronikriesen Panasonic und Sharp. Am Freitag hatte Kansai bereits angekündigt, für geplante Inspektionen zwei Reaktoren vom Netz zu nehmen. Dies werde im August und September die Stromversorgung in der Region weiter einschränken. Japanische Konzerne sehen die drohende Knappheit bei der Stromversorgung als gravierendes Risiko für ihren Geschäftsverlauf.
100 Milliarden Euro für Wiederaufbau
Die japanische Regierung rechnet für den Wiederaufbau nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe offenbar mit Kosten von umgerechnet rund 100 Milliarden Euro. Ein Plan zur Behebung der Schäden gehe in den kommenden fünf Jahren von Summen zwischen umgerechnet 90 und 107 Milliarden Euro aus, berichtete die Zeitung „Asahi“ am Samstag. In den betroffenen Gebieten sollten demzufolge einige von Japans größten Solar- und Windkraftanlagen entstehen. Nach dem Super-Gau von Fukushima will die japanische Regierung stärker auf alternative Energien setzten.
Noch immer versuchen Helfer, das Atomkraftwerk Fukushima unter Kontrolle zu bringen. Japans Ministerpräsident Naoto Kan sagte unterdessen, die Arbeiten schritten gut voran. Ziel sei, die geplante Stabilisierung der Reaktoren schon vor dem anvisierten Termin im Januar zu erreichen. Fukushima-Betreiber Tokyo Electric will am Dienstag über die Arbeiten an dem havarierten Atomkraftwerk informieren. (rtr)