Berlin. .

Nach dem tödlichen Absturz einer Kadettin bemängelt das Verteidigungsministerium die Dienstaufsicht an Bord der „Gorch Fock“. Neben Unzulänglichkeiten „über einen längeren Zeitraum hinweg“ kritisiert der Ministeriumsbericht auch „Fehlverhalten“ der Schiffsführung“.

Acht Monate nach dem tödlichen Sturz einer Kadettin auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ hat das Verteidigungsministerium einem Bericht zufolge gravierende Mängel bei der Dienstaufsicht festgestellt. In einem ersten zusammenfassenden Bericht „über die Vorkommnisse an Bord des Segelschulschiffs“ habe das Ministerium gravierende Mängel bei der Dienstaufsicht „über einen längeren Zeitraum hinweg“ sowie „sonstiges Fehlverhalten“ der Schiffsführung festgestellt, zitierte die Zeitung „Die Welt“ aus dem ihr vorliegenden Bericht.

Dennoch will das Verteidigungsministerium nicht auf das Segelschulschiff verzichten, wie die NDR 1 Welle Nord berichtet. Darin heiße es, es bestehe die Zuversicht, dass das Ausbildungskonzept zukunftsfähig fortgeschrieben werden könne und die "Gorch Fock" ihren Auftrag als Segelschulschiff der Deutschen Marine weiterhin erfüllen werde.

Der Kapitän zur See Norbert Schatz wird dem Bericht zufolge nicht wieder auf der „Gorch Fock“ eingesetzt. Der Kommandant habe in einem persönlichen Gespräch mit dem Marine-Inspekteur selbst um seine Ablösung gebeten - „in der Absicht, dem Schiff einen unbelasteten Neuanfang zu erleichtern“, heißt es laut „Welt“ in dem Bericht. Im November 2010 war eine 25-jährige Offiziersanwärterin an ihrem ersten Tag auf der „Gorch Fock“ bei einer Segelübung von einem Mast gestürzt und an den Folgen ihrer Verletzungen gestorben. Der Unfall löste eine heftige Debatte über die Zustände auf dem Schiff aus.

Resultat einer mangelnden Dienstaufsicht

Wegen des Falls hatte die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt, auch die Marine strengte zwei interne Untersuchungen an. Das Verteidigungsministerium kritisiert nun in seinem vorläufigen Bericht, dass Mängel in der Schiffsführung den vorgesetzten Dienststellen nicht aufgefallen seien. Dies sei offensichtlich auch Resultat einer mangelnden Dienstaufsicht „über einen längeren Zeitraum hinweg“. Als schweren Mangel betrachtet das Ministerium in erster Linie das Fehlen konkreter schriftlicher Vorgaben bezüglich der Segelvorausbildung.

Der Kommandant habe sich nicht um die personelle Ausgestaltung der Segelvorausbildung gekümmert, heißt es weiter im Bericht. Schatz habe es versäumt, „eine Organisation an Bord zu etablieren, die dafür Sorge trägt, dass alle Dienstgradgruppen eine umfassende Ausbildung und Einweisung für die entsprechenden Aufgaben durch die Vorgesetzten erhalten“.

In einer beigefügten eigenen Bewertung stellt Vizeadmiral Axel Schimpf auch fest, dass der Kommandant durch sein Führungsverhalten „nicht für widerspruchsfreie, verlässliche und klare Vorgaben an Bord gesorgt“ habe. So sei die Ausbildung an Bord nicht systematisch geprüft worden. Auch habe es keine klare Weisung gegeben, wann und wer Rückmeldungen über das Verhalten von Lehrgangsteilnehmern bei Angst oder Unsicherheit an die Verantwortlichen an Deck weiterleitet. Die tödlich verunglückte Offiziersanwärterin soll kurz vor ihrem Sturz über Ermüdungserscheinungen geklagt haben. (dapd/afp)