Berlin. .

Uneinigkeit herrscht bei den Grünen über die Haltung der Partei zu den Atomplänen der Regierung. Während Fraktionsvize Bärbel Höhn sich einen schnelleren Ausstieg wünscht, feiert Winfried Kretschmann 2022 als „epochalen Sieg“.

Die Grünen ringen um die Haltung der Partei zu den Atomplänen der Bundesregierung. „Gerade nach Fukushima gibt es gute Gründe, schneller aus der Atomkraft auszusteigen als 2022 - wie die Bundesregierung es will“, sagte Fraktionsvize Bärbel Höhn der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Dagegen begrüßte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auch den Ausstieg bis 2022 als „epochalen Sieg“.

„Ich wünsche mir einen schnelleren Ausstieg aus der Kernenergie“, sagte Höhn. Die Grünen wollen ihre Haltung auf einem Bundesparteitag am 25. Juni endgültig festlegen. Mehrere Grünen-Politiker in Bund und Ländern hatten in den vergangenen Tagen Vorbehalte gegen ein Ja ihrer Partei zu den Regierungsplänen geäußert. Auch Umweltverbände und Atomkraftgegner forderten die Grünen auf, den Vorlagen im Bundestag nicht zuzustimmen. Dagegen hatten führende Politiker der Partei deutlich gemacht, sie könnten sich trotz Bedenken ein Ja vorstellen.

Kretschmann: Konsens zählt mehr als das ursprüngliche Ziel

Kretschmann warnte seine Partei im „Tagesspiegel am Sonntag“ eindringlich davor, den Ausstiegsplänen bis 2022 nicht zuzustimmen. Der erzielte Konsens auch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder zähle „weit mehr“ als das ursprüngliche Ziel der Grünen, bereits 2017 das letzte Akw vom Netz gehen zu lassen. „Nun ist der Ausstieg unumkehrbar, weil fast alle mitmachen“, sagte Kretschmann. Würden die Grünen dies ablehnen, würden sie auch ihrer Mehrheitsfähigkeit schaden.

Höhn legte sich trotz ihrer Kritik nicht klar auf eine Haltung fest. Sie wies darauf hin, auch wenn die Grünen zustimmen sollten, bedeute dies nicht, dass die Partei die Energiepolitik der schwarz-gelben Koalition insgesamt gutheiße. „Wir werden auch in Zukunft gegen Castor-Transporte protestieren, denn die Endlagerfrage ist weiterhin nicht geklärt“, kündigte Höhn an.

Grünen-Fraktionschef: „2017 ist machbar“

Auch der Fraktionschef der Grünen in Schleswig-Holstein, Robert Habeck, äußerte sich kritisch zum Atomgesetz der Regierung. „2017 ist machbar“, sagte Habeck der „FAS“. Würde jetzt aber der Ausstiegsfahrplan der Regierung bis 2022 beschlossen, könnten die Grünen selbst nach einem möglichen Wahlsieg 2013 dann diesen Ausstieg nicht mehr beschleunigen.

Atomkraftgegner demonstrierten am Wochenende vor dem Akw Brokdorf in Schleswig-Holstein für eine zügige Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke. „Ihr habt elf weitere Jahre Widerstand beschlossen“, hieß es auf einem Transparenz mit Blick auf den Ausstieg bis 2022.

Auf hohe Kosten des Atomausstiegs verwies das als industrienah geltende Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Dieser könnte die EU-Staaten wegen steigender Preise für Emissionszertifikate pro Jahr mit 7,5 Milliarden Euro belasten, sagte der Leiter des RWI-Kompetenzbereichs Umwelt und Ressourcen, Manuel Frondel, der „Welt am Sonntag“. Nach seiner Einschätzung dürften die Preise für die Zertifikate pro Tonne Kohlendioxid um drei bis fünf Euro steigen, was zusätzlichen Gesamtkosten von 4,5 bis 7,5 Milliarden Euro entspreche. (afp)