Hannover. . Das niedersächsische Gesundheitsministerium warnt vor dem Verzehr von rohen Sprossen. Die Spur der Ehec-Erkrankungen führt zu einer Firma im niedersächsischen Landkreis Uelzen.

Sojasprossen könnten die Ursache der schweren Ehec-Erkrankungen sein. Das gab Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) am Sonntag in Hannover bekannt. Bei epidemiologischen Auswertungen sei ein Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und in Niedersachsen produzierten Sprossen festgestellt worden. Die aus 19 verschiedenen Saatgutarten gezogenen Sprossen seien an Restaurants und Kantinen sowie Reformhäuser und Wochenmärkte geliefert worden. Nach ersten Erkenntnissen waren sie aber nicht im weiteren Einzelhandel erhältlich.

Die ersten sechs größeren Ausbrüche des Ehec-Erregers lassen sich nach Angaben des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz (LAVES) auf Lieferungen des Sprossenherstellers zurückführen. Nach Angaben des Amtes wurden drei Kantinen in Hessen und Nordrhein-Westfalen und drei Gastronomie-Betriebe in Niedersachsen und Schleswig-Holstein über Zwischenhändler von dem Gartenbaubetrieb in Bienenbüttel im Landkreis Uelzen beliefert.

Laborbefund noch nicht geliefert

Bislang ist der Ehec-Erreger in Sprossen allerdings noch nicht labortechnisch nachgewiesen. Ein Ergebnis werde für Montagvormittag erwartet, sagte Lindemann. Es könne aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die mit dem Ehec-Erreger kontaminierte Ware bereits vollständig verarbeitet und abverkauft sei. Der Betrieb in Bienenbüttel wurde gesperrt, eine Rückrufaktion sei gestartet, so Lindemann. Er warnte Verbraucher ausdrücklich vor dem Verzehr von Sprossen.

Allerdings sind sich die Behörden nicht sicher, ob der Betrieb die alleinige Quelle für die Ehec-Infektionen ist.

Verbindung nach Lübeck und Frankfurter Kantine

Unter anderem soll es eine Verbindung zwischen der Firma und den Erkrankungen in einem Restaurant in Lübeck geben. Das Restaurant in Lübeck war ins Visier der Behörden geraten, nachdem sich dort offenbar 17 Gäste mit Ehec infiziert hatten, eine 48-jährige Frau aus NRW starb. Betroffen waren unter anderem Teilnehmer einer dänische Besuchergruppe sowie eine Gewerkschaftsgruppe, die Mitte Mai in der Gaststätte gegessen hatten. Auch eine Kantine in Frankfurt, wo mehrere Personen erkrankten, soll mit den Sprossen aus Niedersachsen beliefert worden sein.

"Zu allen Hauptausbruchsstellen lässt sich die Verbindung herstellen. Die Indizienlage ist so klar, dass nach meiner Ansicht den Verbrauchern empfohlen werden muss, derzeit auf den Verzehr der Sprossen zu verzichten", sagte Lindemann. Der Hersteller sei "deshalb wenigstens als eine wesentliche Quelle anzunehmen". Hinzu komme, dass auch zwei Mitarbeiter des Betriebes an Durchfallerkankungen litten und in einem Fall eine Ehec-Erkrankung festgestellt worden sei.

Saatgut verarbeitet

Der betroffene Gartenbaubetrieb verarbeitet Saatgut aus Deutschland, anderen europäischen Ländern aber auch aus Fernost zu Sprossenmischungen meist für Salate. Dabei wird das Saatgut in Trommeln mit Feuchtigkeit bei 38 Grad angezogen: "Das sind natürlich ideale Bedingungen auch für alle andern Keime", sagte Lindemann. Der Ehec-Erreger könne in dem verarbeiteten Saatgut enthalten gewesen sein, aber auch über das versprühte warme Wasser auf die Sprossen gelangt sein.

Der Geschäftsführer des Gärtnerhofs, Klaus Verbeck, sagte der "Osnabrücker Zeitung", er könne sich keinen Reim auf die Vorgänge und Vorwürfe machen. Die Salatsprossen wüchsen nur aus Saatgut und Wasser. Sie würden überhaupt nicht gedüngt. Auch in anderen Geschäftsbereichen des Hofes werde kein tierischer Dünger verwendet.

RKI arbeitet rund um die Uhr

Die Behörden versuchen weiterhin herauszufinden, wie sich viele Hunderte Patienten vor allem in Norddeutschland mit dem Bakterium infizierten. So arbeiten im Lagezentrum des Robert-Koch-Institutes (RKI) nach eigenen Angaben rund um die Uhr Mitarbeiter, um Hinweise aus der Bevölkerung und von Behörden auszuwerten.

Das Institut dementierte indirekt einen Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“, demzufolge die Ehec-Epidemie mit dem Hamburger Hafengeburtstag Anfang Mai in Verbindung stehen könnte. „Pressemeldungen, wonach Ehec-Infektionen mit Großveranstaltungen in Verbindung gebracht werden, decken sich nicht mit den Erkenntnissen des RKI und stehen im Widerspruch zu dem epidemiologischen Profil des Ausbruchs“, erklärte das Institut.

Hierzulande werden dem RKI zufolge mittlerweile 21 Todesfälle mit Ehec in Verbindung gebracht. Bundesweit seien inzwischen mehr als 1.500 Ehec-Fälle sowie mehr als 620 schwere Verlaufsformen gemeldet worden. (dapd/rtr/afp)