Lübeck. . Bundesgesundheitsminister Bahr schließt nicht aus, dass die Quelle für die Ehec-Infektionen weiter aktiv ist. Die Spur zu einem Lübecker Restaurant wurde noch nicht bestätigt. Jetzt will die EU ein Ehec-Experten-Team nach Deutschland schicken.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hat die Bürger wegen der Ehec-Infektionen zu anhaltender Vorsicht aufgefordert. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Infektionsquelle noch aktiv ist“, sagte der FDP-Politiker den „Ruhr Nachrichten“. „Wir müssen weiterhin wachsam sein.“ Es gebe weiterhin Neuinfektionen. Es bleibe bei den bisherigen Empfehlungen, „vorsorglich auf den Verzehr von rohen Tomaten, Salatgurken und Blattsalaten, die insbesondere in Norddeutschland auf dem Markt sind, zu verzichten“.
Die üblichen Hygieneregeln und die genaue Hygiene im Umgang mit Obst und Gemüse böten den besten Schutz. Die Lebensmittelbehörden arbeiteten mit Hochdruck daran, die Infektionsquelle zu identifizieren, wurde Bahr zitiert.
Behörden dämpfen Hoffnung bei Suche nach Ehec-Quelle
Die Behörden in Schleswig-Holstein haben die Hoffnungen auf eine mögliche Spur zur Quelle der Ehec-Epidemie gedämpft. Berichte, wonach eine Spur zu einem Lübecker Restaurant führen könnte, seien „derzeit durch die Faktenlage nicht gedeckt“, sagte Christian Seyfert, Sprecher des Kieler Verbraucherschutzministeriums, am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Es werde derzeit „verschiedenen Anhaltspunkten in verschiedenen Bundesländern“ nachgegangen.
Die „Lübecker Nachrichten“ hatten am Samstag berichtet, dass die Experten auf der Suche nach der Infektionsquelle der Darminfektionen das Restaurant in der Hansestadt überprüfen. Insgesamt 17 Menschen seien erkrankt, nachdem sie Mitte Mai das Lokal besucht hatten. Experten des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) seien für Untersuchungen vor Ort. Überprüft werden sollen auch die Lieferantenlisten. Die Lieferantenkette könne „möglicherweise den entscheidenden Hinweis geben, wie der Erreger in Umlauf gekommen ist“, sagte Werner Solbach, Mikrobiologe am Universitätsklinikum Lübeck, der Zeitung.
Besitzer des Lübecker Restaurants ist geschockt
Der Besitzer des betroffenen Restaurants "Kartoffel-Keller", Joachim Berger, sagte Reuters, in seinem Restaurant seien keine Erreger festgestellt worden. "Unsere Leute essen ja dasselbe. Und keiner von unseren Mitarbeitern ist krank." Sie äßen auch Salate und litten nicht unter Durchfall. Nach seinen Worten bezieht er sein Obst und Gemüse von einem Händler in Mölln in Schleswig-Holstein. Berger sagte, als die Meldung über die Erkrankungen gekommen sei, sei man "wie vor den Kopf geschlagen" gewesen.
Zuvor hatte bereits die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass von 34 Teilnehmerinnen eines Gewerkschafterseminars nach einem Restaurantbesuch in Lübeck mindestens acht nach einer Ehec-Infektion schwer erkrankten. Eine Frau sei gestorben.
EU-Gesundheitskommissar John Dalli erklärte sich am Samstag bereit, ein Expertenteam nach Deutschland zu entsenden, das bei der Suche nach dem Ursprung für den EHEC-Erreger helfen könne. Es könnte die deutschen Behörden bei den aktuellen epidemiologischen Ermittlungen unterstützten und sich an den Analysen beteiligen, "um die Identifizierung des Ursprungs zu beschleunigen", erklärte die Kommission.
Kritik am Ehec-Krisenmanagement
Gut einen Monat nach Beginn der Ehec-Infektionswelle ist Kritik am Krisenmanagement der Gesundheitsbehörden laut geworden. Der Ärztliche Direktor der Berliner Charité, Ulrich Frei, sagte im „Tagesspiegel“, es mache ihn „unruhig“, dass es immer noch keinen Hinweis auf die Erregerquelle gebe. Er kritisierte die Arbeit des Robert-Koch-Instituts: Es sei nicht erkennbar, woran das RKI arbeite. Der Mikrobiologe Alexander Kekulé bemängelte laut „Focus“ ein möglicherweise zu spätes Handeln der verantwortlichen Stellen.
Frei sagte den Angaben zufolge, die Charité habe erst in dieser Woche Fragebögen für die Ehec-Patienten bekommen. „Das reicht nicht. Man hätte die Patienten interviewen sollen“, wird er zitiert. Nötig sei eine bessere Informationspolitik. Eine RKI-Sprecherin wies im „Tagesspiegel“ die Vorwürfe zurück. Man habe nach Ausbruch des Darmkeims zügig reagiert.
Der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle, Kekulé, kritisierte insbesondere die Hamburger Behörden: Nach der Häufung von Erkrankungen hätte vor allem in der Hansestadt in der zweiten Maiwoche eine „konzertierte Aktion aller Behörden erfolgen müssen“, wird er in dem Nachrichtenmagazin zitiert. (dapd/rtr/afp)