Essen. . Lebensmittelkontrolleure befürchten, dass die neue “Hygiene-Ampel“ ihnen viel Ärger bereitet. Verbraucher sollen ab 2012 sehen, wie sauber es in einer Gaststätte ist. Doch die neue Transparenzpflicht kann für Betriebe existenzbedrohend sein fürchtet man zum Beispiel in der Lebensmittelüberwachung in Essen.

Für Martin Müller ist die neue „Hygiene-Ampel“ ein Ansporn . Einen „gesunden Wettbewerb um Sauberkeit und Qualität“ wird das neue Hygiene-Siegel bringen, glaubt der Bundesvorsitzende des Verbands der Lebensmittelkontrolleure. Ab Januar 2012 sollen Gastronomie-Betriebe bundesweit öffentlich in ihren Gasträumen aushängen, wie sie bei den routinemäßigen Hygiene-Überprüfungen der Lebensmittelkon trollbehörden abgeschnitten haben. Diese „Hygiene-Ampel“ haben die Länder-Verbraucherminister am Donnerstag beschlossen. Doch Lebensmittelkontrolleure befürchten auch, „dass unser Job schwieriger wird“. Weil die Kontrollen künftig existenzbedrohend sein können.

Auch bei der Lebensmittelüberwachung der Stadt Essen sieht man durch die Ampel Probleme auf sich zurollen: „Wir erwarten eine ganz andere Qualität der Auseinandersetzung“, erklärt Heinrich van Straaten, stellvertretender Leiter des Amtes.

Während heute Bußgelder vielfach stillschweigend bezahlt würden, würden negative Ergebnisse künftig eben öffentlich. Würden die zwölf Kontrolleure, die in Essen insgesamt mehr als 6000 Lebensmittel-Betriebe überprüfen müssen, darunter knapp 1100 Speisegaststätten und Schankwirtschaften, heute einen Betrieb bei ganz schweren Hygienemangel schließen, könne das ein Ladeninhaber vor Kunden noch ganz gut verheimlichen - etwa durch eine Nachricht in der Tür „wegen Krankheit geschlossen“.

Die Zahl der Kontrollen ausweiten soll die Hygiene-Ampel zwar nicht. Allerdings könnte sie es nötig machen, dass mehr Personal eingesetzt werden muss. Bisher ist in der Regel nur ein Betriebsprüfer vor Ort. „Vielleicht müssen wir künftig nach dem Vier-Augenprinzip kontrollieren“, gibt Heinrich van Straaten zu bedenken.

Zu wenig Kontrolleure in den Behörden

Aus Sicht der Behörden sind bei der Hygiene-Ampel deshalb noch viele Details zu klären. Heinrich van Straaten etwa glaubt nicht, dass sich die Kontrollen vor Ort sofort veröffentlichen lassen, wie es sich etwa NRW-Verbraucherminister Johannes Remmel (Grüne) erhofft. Van Straaten: „Das ist ein Verwaltungsverfahren und dabei gilt eine Anhörungspflicht für Betroffene“.

Hinzu kommt, dass die Hygiene-Ampel die Behörden auch personell an die Grenzen stoßen wird, meint Martin Müller, vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure. „Wir fordern seit mehreren Jahren, dass wir mehr Personal brauchen“. Bundesweit seien bis zu 1500 zusätzliche Lebensmittelkontrolleure nötig. Auch in NRW gebe es zu wenig Kontrolleure. Dies zeige sich auch daran, dass das bisherige NRW-"Smiley"-Siegel, das die damalige CDU-Landesregierung vor fünf Jahren eingeführt hatte, in einigen Kommunen und Kreisen von den Behörden gar nicht verliehen werde.

In NRW sind aktuell 350 Lebensmittelkontrolleure beschäftigt; die rot-grüne Landesregierung hat jüngst angekündigt, die Zahl auf 600 aufzustocken. Hinter den Kulissen aber gibt es Streit um die Kosten. Das Land will nach dem Konzept des Verbraucherministers nur die Ausbildung (pro Person etwa 50.000 Euro, schätzt Martin Müller) übernehmen. Den Rest sollen Städte und Kreise zahlen. Dagegen protestiert unter anderem der Landkreistag NRW.

Dehoga fordert landesweit einheitliche Prüf-Kriterien

Laut dem NRW-Verbraucherministerium hat sich die Sauberkeit in der Gastronomie in den vergangenen Jahre zunehmend verschlechtert. 2003 wurden bei 17 Prozent der Kontrollen Verstöße gegen Hygiene-Vorschriften entdeckt. 2009 seien es 31,8 Prozent gewesen.

Der NRW-Verbraucherminister hat jetzt zu einem „offenen Dialog“ mit den betroffenen Verbänden aufgerufen. Beim Hotel- und Gaststättenverband sieht Sprecher Thorsten Hellwig noch reichlich Themen, über die zu sprechen wäre. Die Hygiene-Ampel solle einheitlich für alle Lebensmittelbranchen eingeführt werden und nicht in sieben Stufen, wie von den Ministern geplant. Außerdem fordert der Verband einheitliche Kriterien in der Überprüfung: „Damit Gelb in Unna auch Gelb in Düsseldorf oder Bochum ist. Momentan gibt es noch ganz erhebliche Unterschiede“, sagt Hellwig. Zum Schluss fordert der Verband, der landesweit im Namen von landesweit 34.000 Hotel- und Gaststätten-Betrieben, „ausreichend viele Kontrolleure“. Die Hygiene-Ampel müsse „vom ersten Tag an richtig funktionieren“.