Rostock. . Der scheidende FDP-Chef Westerwelle hat auf dem Bundesparteitag in Rostock eine kämpferische Abschiedsrede gehalten. „Wer so lange eine Partei führt, der macht auch Fehler“, räumte er ein. Die Partei habe aber „mehr richtig als falsch gemacht“.

Freiwillig geht er nicht, und dass ihm der Schritt aus der FDP-Parteispitze schwer fällt, war bei Guido Westerwelle am Freitag deutlich zu sehen. Mit Tränen in den Augen hielt der 49-Jährige auf dem Bundesparteitag in Rostock seine Abschiedsrede als Chef der FDP. Der scheidende Partei-Vorsitzende räumte dabei Fehler bei der Führung der Liberalen ein. Westerwelle sagte nach zehn Jahren als Parteichef vor den 662 Delegierten: „Wer so lange eine Partei führt, der macht auch Fehler.“ Er stehe dafür gerade und entschuldige sich dafür.

Doch Westerwelle zog trotzdem eine Erfolgsbilanz seiner Zeit als Vorsitzender der Liberalen. „Die letzten zehn Jahre waren durchaus positiv unter dem Strich“, sagte er. „Wir haben mehr richtig als falsch gemacht.“ Der 49-Jährige hatte Anfang April angesichts mehrerer Wahlschlappen und anhaltend schlechter Umfragewerte nach zehn Jahren seinen Abschied aus dem Amt des Parteichefs angekündigt. Am Nachmittag soll in Rostock der neue Wirtschaftsminister Philipp Rösler zum neuen FDP-Chef gewählt werden.

Es falle ihm schwer, den Parteivorsitz abzugeben, räumte der 49-Jährige ein. Doch die „hervorragende Führungsmannschaft“, die die FDP jetzt übernehme, mache ihm den Abschied leichter. „Dies ist ein Parteitag des Umbruchs in der FDP“, meinte Westerwelle. Von Rostock werde ein Zeichen des Aufbruchs für die Liberalen ausgehen. Westerwelle versprach Philipp Rösler, der am Nachmittag zu seinem Nachfolger gewählt werden sollte, Unterstützung ohne Einmischung: „Ich werde meinem Nachfolger nicht ins Lenkrad greifen.“

Westerwelle dankte ausführlich seinen Mitstreitern in den vergangenen zehn Jahren. Dabei erwähnte er auch die Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin, die wegen Plagiatsvorwürfen von ihren Ämtern im Europaparlament und in der FDP zurückgetreten war. Bei der abgelösten Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger, würdigte Westerwelle die Größe, die sie gezeigt habe, als sie auf ihr Fraktionsamt verzichtete. „Wir haben die besten Mitarbeiter, die eine Partei nur haben kann, auf allen Ebenen“, sagte Westerwelle.

Westerwelles Weg

1985: Ein neues Gesicht in der Politik. Der damals 23-jährige Guido Westerwelle hält als Vorsitzender der Jungen Liberalen eine Rede anlässlich des fünfjährigen Bestehens des FDP-Jugendverbandes. 1983...
1985: Ein neues Gesicht in der Politik. Der damals 23-jährige Guido Westerwelle hält als Vorsitzender der Jungen Liberalen eine Rede anlässlich des fünfjährigen Bestehens des FDP-Jugendverbandes. 1983... © WNM
...war der Jurastudent zum Bundesvorsitzenden der
...war der Jurastudent zum Bundesvorsitzenden der "Julis" gewählt worden. In dieser Funktion... © imago stock&people WNM
...hatte er früh Kontakt zu den führenden Köpfen der Partei. Hier spricht er mit dem damaligen FDP-Vorsitzenden und Außenminister Hans-Dietrich Genscher beim Parteitag 1986. Westerwelle rückte 1988 in den Bundesvorstand auf und...
...hatte er früh Kontakt zu den führenden Köpfen der Partei. Hier spricht er mit dem damaligen FDP-Vorsitzenden und Außenminister Hans-Dietrich Genscher beim Parteitag 1986. Westerwelle rückte 1988 in den Bundesvorstand auf und... © imago stock&people WNM
...bekleidete ab 1994 den Posten des Generalsekretärs. In dieser Funktion...
...bekleidete ab 1994 den Posten des Generalsekretärs. In dieser Funktion... © WNM
...musste Westerwelle die Wahlniederlage 1998 und das Ende der schwarz-gelben Koalition unter Helmut Kohl akzeptieren. Seinem persönlichen Aufstieg tat dies keinen Abbruch. 2001...
...musste Westerwelle die Wahlniederlage 1998 und das Ende der schwarz-gelben Koalition unter Helmut Kohl akzeptieren. Seinem persönlichen Aufstieg tat dies keinen Abbruch. 2001... © WNM
...wurde er als Nachfolger von Wolfgang Gerhardt (l.) zum bis dato jüngsten Parteivorsitzenden der FDP gewählt. Westerwelle machte sich daran,...
...wurde er als Nachfolger von Wolfgang Gerhardt (l.) zum bis dato jüngsten Parteivorsitzenden der FDP gewählt. Westerwelle machte sich daran,... © WNM
...den Liberalen neue Schlagkraft zu verleihen. Im Wahlkampf 2002...
...den Liberalen neue Schlagkraft zu verleihen. Im Wahlkampf 2002... © WNM
...wollte er der Partei ein junges, hippes, spaßiges Image verpassen. Zum Markenzeichen seiner Kampagne wurde sein Wahlkampfbus, das
...wollte er der Partei ein junges, hippes, spaßiges Image verpassen. Zum Markenzeichen seiner Kampagne wurde sein Wahlkampfbus, das "Guidomobil." Mit der ungewöhnlichen Strategie... © WNM
...peilte Westerwelle ein Wahlergebnis von 18 Prozent an. Doch der Plan ging nicht auf, die FDP erntete viel Hohn und Spott aber zu wenig Stimmen. Trotzdem hielt sich Westerwelle nicht nur im Amt sondern stellte klar,...
...peilte Westerwelle ein Wahlergebnis von 18 Prozent an. Doch der Plan ging nicht auf, die FDP erntete viel Hohn und Spott aber zu wenig Stimmen. Trotzdem hielt sich Westerwelle nicht nur im Amt sondern stellte klar,... © WNM
...wer Koch und wer Kellner in der FDP ist. Im parteiinternen Machtkampf setzte er sich erneut gegen Wolfgang Gerhardt durch und übernahm von ihm Anfang 2006 auch das Amt als Fraktionsvorsitzender. Sein Status...
...wer Koch und wer Kellner in der FDP ist. Im parteiinternen Machtkampf setzte er sich erneut gegen Wolfgang Gerhardt durch und übernahm von ihm Anfang 2006 auch das Amt als Fraktionsvorsitzender. Sein Status... © WNM
...als Alleinherrscher über die FDP stieß innerhalb der Partei auf überraschend wenig Widerstand. Die verbliebenen Kritiker verstummten,...
...als Alleinherrscher über die FDP stieß innerhalb der Partei auf überraschend wenig Widerstand. Die verbliebenen Kritiker verstummten,... © ddp
...als die FDP bei der Bundestagswahl 2009 mit 14,6 Prozent das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte einfuhr. Westerwelles großes Vorbild...
...als die FDP bei der Bundestagswahl 2009 mit 14,6 Prozent das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte einfuhr. Westerwelles großes Vorbild... © ddp
...Hans-Dietrich Genscher (l.) gratulierte zu dem historischen Erfolg, der die Liberalen...
...Hans-Dietrich Genscher (l.) gratulierte zu dem historischen Erfolg, der die Liberalen... © ddp
...zurück auf die Regierungsbank beförderte. In der schwarz-gelben Koalition unter Angela Merkel übernimmt Westerwelle das Amt des Vizekanzlers...
...zurück auf die Regierungsbank beförderte. In der schwarz-gelben Koalition unter Angela Merkel übernimmt Westerwelle das Amt des Vizekanzlers... © ddp
...sowie das des Außenministers. Hier verabschiedet er seinen SPD-Vorgänger Frank-Walter Steinmeier (r.). Westerwelles Ambition ist es, in die Fußstapfen großer FDP-Außenminister wie Walter Scheel und eben Genscher zu treten. Zum ersten Schaulaufen...
...sowie das des Außenministers. Hier verabschiedet er seinen SPD-Vorgänger Frank-Walter Steinmeier (r.). Westerwelles Ambition ist es, in die Fußstapfen großer FDP-Außenminister wie Walter Scheel und eben Genscher zu treten. Zum ersten Schaulaufen... © ddp
...ging es für ihn zum EU-Gipfel nach Brüssel - sein erster Auftritt auf internationalem Parkett in seinem neuen Amt. Im Anschluss begab er sich...
...ging es für ihn zum EU-Gipfel nach Brüssel - sein erster Auftritt auf internationalem Parkett in seinem neuen Amt. Im Anschluss begab er sich... © AFP
...auf seine Vorstellungsrunde quer durch Europa. Westerwelle traf sich in Paris mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (m.) und...
...auf seine Vorstellungsrunde quer durch Europa. Westerwelle traf sich in Paris mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (m.) und... © AP
...Außenminister Bernard Kouchner (r.), in den Niederlanden...
...Außenminister Bernard Kouchner (r.), in den Niederlanden... © AP
...mit Premierminister Jan Peter Balkenende (r.) und...
...mit Premierminister Jan Peter Balkenende (r.) und... © AFP
...in Polen mit Präsident Lech Kaczynski (r.). Während sich Westerwelle als deutscher Chefdiplomat zunächst Anerkennung erarbeiten muss,...
...in Polen mit Präsident Lech Kaczynski (r.). Während sich Westerwelle als deutscher Chefdiplomat zunächst Anerkennung erarbeiten muss,... © AFP
...ist seine Homosexualität längst akzeptiert. 2001 outete sich Westerwelle (hier mit Lebensgefährte Michael Mronz, r.) als zweiter deutscher Spitzenpolitiker nach Klaus Wowereit.
...ist seine Homosexualität längst akzeptiert. 2001 outete sich Westerwelle (hier mit Lebensgefährte Michael Mronz, r.) als zweiter deutscher Spitzenpolitiker nach Klaus Wowereit. © ddp
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FDP muss ihre „Brot- und Butter-Themen“ finden

Der neue Fraktionschef Rainer Brüderle sagte zum Auftakt des Parteitags in der Rostocker Hansemesse, die FDP befinde sich in einer schweren Krise. „Wir haben die Wahlen verloren, wir haben Glaubwürdigkeit verloren“, sagte der scheidende Vizevorsitzende. Erwartungen seien nicht erfüllt worden, Botschaften nicht angekommen. „Wir müssen besser werden!“, verlangte Brüderle.

Die Liberalen müssten zu ihren „Brot-und-Butter-Themen“ zurückfinden. Brüderle nannte die Sicherheits- und die Bildungspolitik, aber auch Steuervereinfachungen und die Abschaffung der kalten Progression. Dem scheidenden Parteichef Westerwelle dankte Brüderle ausdrücklich, dem künftigen Vorsitzenden Rösler sagte er volle Unterstützung zu. Gleichzeitig verlangte Brüderle gegenseitigen Respekt in der politischen Auseinandersetzung und Mut zum Neuanfang. „Auf auf, Ihr Liberalen, fürchtet Euch nicht!“, rief er den Delegierten zu. (dapd/afp)