Brüssel. . Flug verspätet? Anschlussflug verpasst? Fluggäste haben in solchen Fällen viele Rechte auf Entschädigung. Doch einerseits kennen viele Verbraucher ihre Rechte nicht, andererseits arbeiten die Fluggesellschaften mit gewitzten Verzögerungstaktiken.
Urlauber haben europaweit Anspruch auf Entschädigung, wenn sich ihr Flug verspätet oder ausfällt. Verbraucherschützer monieren aber, dass Fluggesellschaften Passagiere oft hinhalten, wenn diese sich beschweren. Betroffene Urlauber können sich Hilfe bei Experten holen.
Erst einmal sollten sich Urlauber aber sofort an ihre Fluggesellschaft wenden, wenn sich der Flieger verspätet hat oder gar nicht abhebt. Das raten Verbraucherschützer. Je nach Entfernung erhalten Passagiere zwischen 125 und 600 Euro, so hat es die EU-Kommission festgelegt. Zudem haben sie unter Umständen Anspruch auf Verpflegung und ein Hotel.
Technische Probleme = Kein Geld
Verbraucherschützer kritisieren allerdings, dass die Rechtsvorschriften für Entschädigungsfälle zu vage gehalten seien. Daher hätten Fluggesellschaften Spielraum, um diese Regeln auszulegen. Zusätzlich würden Passagiere oft hingehalten, wenn sie ihre Rechte einforderten.
Reiserechts-Experten bemängeln auch, dass die Flugbranche Verspätungen und Ausfälle oft mit technischen Problemen begründe. In diesem Falle hätten Reisende keinen Anspruch auf Entschädigung.
Fluggäste kennen ihre Rechte nicht
Die Flugbranche weist die Vorwürfe zurück. „99 Prozent der Fälle können bereits im Kundenservice der Fluggesellschaften zur Zufriedenheit der Kunden gelöst werden“, betont der Bundesverband der deutschen Fluggesellschaften. „Beschwerden werden nicht ausgesessen.“
Manche Fluggäste wissen allerdings nicht, was sie für Rechte haben, wie Juristin Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg sagt. Ihnen entginge daher eine Entschädigung. Andere scheuten bei Problemen einen Rechtsstreit mit der Fluggesellschaft, da sie hohe Anwaltskosten fürchteten.
Nächste Anlaufstelle: Luftfahrtbundesamt
Wenn betroffene Fluggäste bei Schwierigkeiten mit ihrer Fluggesellschaft Hilfe brauchen, sollten sie sich an das Luftfahrtbundesamt (LBA) wenden. Das Braunschweiger Amt prüft, ob Fluggesellschaften die Rechte der Passagiere achten. Bei einem Verstoß rügt die Behörde die Fluggesellschaft oder verhängt Geldbußen. Schadensersatzansprüche der Fluggäste kann die Aufsichtsstelle jedoch nicht durchsetzen.
Verbraucherschützer kritisieren, dass sich das Luftfahrbundesamt zu wenig für die Reisenden einsetzt. Nur in seltenen Fällen würden die Fluggesellschaften nach einer Rüge Entschädigungen zahlen. Das Amt wehrt sich gegen die Vorwürfe: „Unsere Mitarbeiter tun alles dafür, dass die Rechte der Fluggäste in Deutschland umgesetzt werden.“
1300 Beschwerden bei der Schlichtungsstelle
Eine weitere Anlaufstelle für Passagiere, die Probleme mit Flug und Fluggesellschaft hatten, ist die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr in Berlin. Sie erhält nach eigenen Angaben jährlich mehr als 1300 Beschwerden. Die Schlichter versuchen, zwischen Passagier und Fluggesellschaft zu vermitteln. Auch sie können allerdings keine Entschädigungen erzwingen.
Nun sollen die Fluggastrechte europaweit gestärkt werden. Damit Passagiere ihre Rechte besser durchsetzen können, will die EU-Kommission entsprechende europäische Regelungen deutlicher formulieren. Das dauert aber mindestens bis nächstes Jahr.
Bis zu 1220 Euro für einen verlorenen Koffer
Die EU-Experten prüfen auch Entschädigungen bei Gepäckverlust. Bisher erhält ein Passagier bis zu 1220 Euro, wenn sein Koffer verloren geht – aber nur, wenn die Fluggesellschaft nicht alles dafür getan hat, um den Gepäckverlust zu vermeiden.
Derzeit ist zudem nicht eindeutig geklärt, wer bei kombinierten Bahn- und Flugtickets haftet - also falls Passagiere den Flieger verpassen, da die Bahn Verspätung hatte. Die EU strebt auch an, dass Menschen mit Behinderung besser bei Flugreisen betreut werden.