Berlin. . Bundesaußenminister Westerwelle hat angekündigt, dass er nicht nur den Parteivorsitz, sondern auch das Amt des Vizekanzlers abgeben will. Als Nachfolger wird Gesundheitsminister Philip Rösler gennant. Der Jung-Minister würde im Notfall Angela Merkel vertreten.
Genau genommen gibt es die Bezeichnung Vizekanzler im Bundeskabinett eigentlich gar nicht. Stattdessen lautet der offizielle Titel im Gesetzestext „Stellvertreter der Bundeskanzlerin“. Stellvertreter des Regierungschefs kann nach Artikel 69, Paragraf 1 des Grundgesetzes nur werden, wer ein Ministeramt hat. Der Stellvertreter der Kanzlerin hat die Aufgabe, die Befugnisse der Bundeskanzlerin für den Fall ihrer Verhinderung wahrzunehmen.
Der so genannte Vizekanzler wird von der Bundeskanzlerin ernannt, an deren Weisungen er gebunden ist. Die Vertretungsvollmacht des Stellvertreters erstreckt sich im Fall einer Gesamtstellvertretung grundsätzlich auf alle Aufgaben und Rechte der Kanzlerin - und zwar dann, wenn die Bundeskanzlerin, etwa wenn sie schwer erkrankt ist oder Opfer eines Unfalles wurde, absolut nicht in der Lage ist, die Amtsgeschäfte wahrzunehmen.
Im Notfall übernimmt der Stellvertreter auch die Richtlinienkompetenz
Dazu gehören: Das Recht zur Kabinettsbildung, das Recht Minister auszuwählen und dem Bundespräsidenten einen verbindlichen Vorschlag für ihre Ernennung oder Entlassung zu machen. Außerdem entscheidet die Kanzlerin über die Zahl der Ministerinnen oder Minister und legt ihre Geschäftsbereiche fest. Die Bundeskanzlerin bestimmt zudem die Eckpfeiler der Regierungspolitik („Richtlinienkompetenz). Da die Kanzlerin im Kabinett als „Erste unter Gleichen“ gilt, würde auch ihr Stellvertreter diese Position einnehmen. Im Fall einer Teilstellvertretung bestimmt die Kanzlerin den Umfang der Kompetenzen ihres Stellvertreters.
In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gab es bisher nur einen Fall, bei dem der Vizekanzler kommissarisch das Amt des Bundeskanzlers ausübte: Walter Scheel war vom 7. bis zum 16. Mai 1974 amtierender Bundeskanzler, nachdem Willy Brandt zurückgetreten war. Diese Regelung ist aber nicht zwingend: Nach Artikel 69 Absatz 3 GG kann jeder Bundesminister „auf Ersuchen des Bundeskanzlers oder des Bundespräsidenten“ verpflichtet werden, die Geschäfte bis zur Ernennung eines neuen Bundeskanzlers kommissarisch weiterzuführen. Mit kurzen Unterbrechungen (1982, 1992–1993, 2005–2007) ist seit 1966 jedoch stets der Bundesaußenminister auch Vizekanzler.