Tokio. .
Auch mehr als zwei Wochen nach dem verheerenden Tsunami in Japan gibt es kaum Hoffnung auf eine Eindämmung der Atomkatastrophe im Unglückskraftwerk Fukushima. Die Regierung in Tokio berichtete am Montag von einer teilweisen Kernschmelze in einem der sechs Reaktoren.
Der Betreiber Tepco räumte zudem den Fund von Plutoniumspuren in mehreren Bodenproben ein, die in der vergangenen Woche genommen wurden. Der wegen seiner Informationspolitik in die Kritik geratene Stromkonzern erklärte, die Spuren schädigten die Gesundheit nicht. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA bezeichnete die Lage als unverändert ernst. Die Krise sei nicht überwunden. Besorgniserregend sei die Verstrahlung von Wasser und Lebensmitteln in Japan.
Hochgiftiges Schwermetall
Tepco erklärte am frühen Dienstagmorgen (Ortszeit), trotz der Plutonium-Funde würden die Reparaturen im AKW fortgesetzt. Plutonium ist ein hochgiftiges und extrem krebserregendes Schwermetall. Seine Halbwertszeit beträgt 24.000 Jahre. Das Element kommt in der Natur nicht vor und wird in Kernreaktoren erzeugt. Plutonium wird auch zur Herstellung von Atomwaffen genutzt. Die Plutoniumbelastung ist Tepco zufolge ähnlich hoch wie in Proben aus anderen Regionen Japans. Grund dafür seien etwa Atomtests im Ausland. Experten gehen davon aus, dass das Plutonium aus Reaktor 3 stammt - dem einzigen, in dem der gefährliche Stoff verwendet wird.
Arbeiten im Problem-Reaktor
Die Regierung teilte mit, das teilweise Schmelzen von Brennstäben habe die hohe Strahlenbelastung im Wasser eines der Reaktoren verursacht. Deshalb sei zudem hoch belastetes Material mit Kühlwasser in Berührung gekommen. Am Montag wurde in der Umgebung des AKW erneut eine hohe Strahlung gemessen.
Kernschmelze in Reaktor 2
Die Kernschmelze im Reaktor 2 habe wahrscheinlich schon kurz nach dem Erdbeben der Stärke 9,0 und dem Tsunami am 11. März eingesetzt, erklärte die Regierung. Noch trete die radioaktive Strahlung hauptsächlich im Inneren des Reaktors auf. Jetzt müsse sichergestellt werden, dass das verseuchte Wasser nicht in den Boden und das Meer entweiche. Das wollte Tepco aber nicht ausschließen. Bei Wasser in Gräben am Reaktorblock 2 sei am Sonntag eine Strahlenbelastung von 1000 Millisievert pro Stunde gemessen worden. Die natürliche Strahlenbelastung liegt zwischen einem und zehn Millisievert pro Jahr.
Zwischen der Regierung und Tepco gibt es Streit wegen der Korrektur von Strahlungswerten durch den Konzern. Sie seien zu hoch gewesen, erklärte das Unternehmen. Ein solcher Fehler sei „absolut unverzeihlich“, weil auf der Grundlage der Messergebnisse Sicherheitsentscheidungen getroffen würden, kritisierte die Regierung. Am Wochenende mussten die Arbeiten wegen zu hoher Strahlenbelastung zeitweise eingestellt werden.
Franzosen sollen Tepco helfen
Tepco räumte zudem ein, dass es keine klaren zeitlichen Vorstellungen für ein Ende der Krise gebe. Der Konzern bat Medienberichten zufolge französische Unternehmen wie EDF und Areva um Hilfe. In Südkorea beschaffte Japan vier Notstrom-Generatoren, die in Kürze am Katastrophenreaktor eintreffen sollen.
Bei dem schwersten je in Japan gemessenen Erdbeben der Stärke 9,0 und dem Tsunami kamen nach neuesten Informationen 27.000 Menschen ums Leben oder werden vermisst. Arbeiter in Fukushima erlitten Strahlenschäden. In der rund 240 Kilometer vom Atomkraftwerk entfernten Hauptstadt Tokio wurde im Trinkwasser eine erhöhte radioaktive Belastung nachgewiesen. (rtr)