Fukushima/Berlin. . Das Bundesumweltministerium rechnet in Deutschland für die nächsten Tage je nach Wetterlage mit Spuren radioaktiver Stoffe aus Japan in der Luft. Gleichzeitig schließen die Behörden gesundheitliche Auswirkungen für die Bevölkerung aus.
Maßgebliche Behörden erwarten in Deutschland keine gesundheitliche Gefährdung durch radioaktive Stoffe aus Japan. Das Umweltministerium erklärte am Mittwoch in Berlin, zwar könnten im Bundesgebiet in den nächsten Tagen in der Luft Spuren radioaktiver Stoffe aus Japan gemessen werden. Damit sei je nach Wetterlage zu rechnen. "Gesundheitliche Auswirkungen für unsere Bevölkerung können jedoch ausgeschlossen werden", erklärte das Ministerium.
Die Messwerte würden nach den vorliegenden Erkenntnissen weit unterhalb jener Konzentrationswerte bleiben, die gesundheitlich bedenklich seien. Insbesondere könne eine radioaktive Belastung von Lebensmitteln "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen" werden.
Nach dem Reaktorunglück in Japan wappnen sich die deutschen Behörden auch dafür, radioaktiv verunreinigte Import-Lebensmittel schnell zu erkennen und die Verbraucher zu schützen. Es seien umfangreiche Vorkehrungen getroffen worden, erklärte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). "Die deutschen Behörden bleiben sehr wachsam, vor allem was mögliche Importe aus der Krisenregion betrifft." Überdies würden Exportprodukte schon in Japan sowie den Nachbarstaaten vor dem Versand auf Radioaktivität kontrolliert.
Radioaktive Strahlung im Trinkwasser der japanischen Hauptstadt Tokio
Die radioaktive Strahlung im Trinkwasser der japanischen Hauptstadt Tokio hat die Gefahrengrenze für Neugeborene überschritten. Nach den gesetzlichen Vorschriften sei das Leitungswasser derzeit nicht für die Zubereitung von Babynahrung geeignet, sagte ein Vertreter der städtischen Behörden am Mittwoch vor Journalisten. In einem Stadtviertel habe die gemessene Radioaktivität im Wasser mehr als das Doppelte des Grenzwerts betragen.
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In einer Wasseraufbereitungsanlage, die einen großen Teil des Leitungswassers für Tokio liefert, wurden in einigen Proben 210 Becquerel Jod 131 pro Liter Wasser gemessen. Der Grenzwert für Kleinkinder liegt bei 100 Becquerel. Die Behörden empfahlen deshalb, Säuglingen kein Leitungswasser zu geben, kleinere Mengen seien aber unbedenklich. Für Erwachsene oder Kinder stelle das Wasser keine unmittelbare Gefahr dar, hieß es. Der Grenzwert für Erwachsene liegt bei 300 Becquerel.
"Selbst wenn sie dieses Wasser ein Jahr lang trinken, hat das keinen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen", erklärte Regierungssprecher Yukio Edano. Dennoch deckten sich die Menschen mit Mineralwasser ein. In vielen Supermärkten in Tokio war nach der Bekanntgabe der Strahlenwerte Trinkwasser in Flaschen ausverkauft. Manche Geschäfte beschränkten die Abgabe auf zwei Zwei-Liter-Flaschen pro Person. Trotzdem waren die Regale rasch leer.
Reaktor-Kontrollraum in Fukushima wegen Rauchschwaden evakuiert
Schwarzer Rauch über dem beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima hat am Mittwoch erneut die Arbeiten der Einsatzkräfte behindert. Das Gebäude von Reaktor 3 musste nach Angaben des Betreibers Tepco geräumt werden, weil dort wieder Rauch aufstieg. Der Rauch stammt der japanischen Atomsicherheitsbehörde zufolge aus dem Reaktorgebäude. Die Ursache sei weiter unklar. Die Mitarbeiter des dortigen Kontrollraums seien in Sicherheit gebracht worden. In den Brennelementen des durch eine Explosion bereits beschädigten Reaktors befindet sich auch hochgefährliches Plutonium.
Ingenieure versuchen seit Tagen, die nach dem Erdbeben ausgefallenen Kühlsysteme in dem Kraftwerk wieder in Gang zu bringen. Allerdings werden ihre Arbeiten durch hohe radioaktive Strahlung und immer wieder gesichtete Rauchschwaden über den Reaktoren behindert.
Einsatzkräfte von Block 2 abgezogen
Im Bemühen um eine Stabilisierung der Lage am schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi (auch Fukushima I genannt) haben die Behörden am Mittwoch wieder einen Rückschlag hinnehmen müssen. Nach einem Anstieg der Radioaktivitätswerte an Block 2 mussten die Einsatzkräfte von dort abgezogen werden, wie die Atomsicherheitsbehörde mitteilte. Die Arbeiten zur Wiederherstellung des Stroms in dem Reaktor wurden damit unterbrochen.
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Beim Versuch, Elektroleitungen zu reparieren, wurden zwei Arbeiter nach Angaben der Betreiberfirma Tepco leicht verletzt, allerdings nicht durch Strahlung. Die Firma erklärte, der Ersatz beschädigten Geräts und der Abzug flüchtigen Gases, um Explosionen zu verhindern, werde einige Zeit in Anspruch nehmen.
Kühlsystem immer noch ohne Strom
Der zentrale Kontrollraum von Block 3 des schwer beschädigten japanischen Atomkraftwerks Fukushima-Daiichi hat unterdessen wieder Licht, wie die Betreibergesellschaft Tepco am späten Dienstagabend mitteilte. Das Kühlsystem war jedoch noch immer ohne Strom. Die Einsatzkräfte wollten versuchen, die Wasserpumpen im Laufe des heutigen Mittwochs wieder mit Strom zu versorgen.
In ein siedend heißes Abklingbecken in Block 2, in dem 2.000 Topnnen radioaktives Material lagern, wurden am Dienstag 18 Tonnen Meerwasser eingeleitet. Die Temperatur wurde dadurch nach Angaben der Atomsicherheitsbehörde auf 50 Grad gesenkt. Aus dem Reaktorgebäude war zwei Tage lang Dampf aufgestiegen, der vermutlich radioaktive Partikel enthielt. Das siedende Kühlwasser gilt als mögliche Ursache dafür.
Erhöhte radioaktive Werte wurden am Mittwoch nach Regierungsangaben auch in Brokkoli entdeckt. Zuvor waren unter anderem bereits in Spinat, Milch, Trink- und Meereswasser erhöhte Werte gemessen worden. Das Gesundheitsministerium ordnete zusätzliche Messungen bei Meereswasser und Meeresfrüchten an.
Nach Erdbeben in Japan mehr als 9.500 Leichen geborgen
Die Zahl der geborgenen Leichen nach dem Erdbeben und dem Tsunami in Japan ist nach Angaben der nationalen Polizeibehörde auf 9.523 gestiegen. Mehr als 16.000 Menschen würden noch vermisst, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Ein Polizeisprecher in der Präfektur Miyagi, die besonders schwer betroffen war, schätzte die Zahl der Toten allein in dieser Region auf mehr als 18.000.
Die Krisenregion wurde am Mittwochmorgen von einem Erdbeben der Stärke 6,0 erschüttert. Berichte über Schäden und Verletzte lagen nach Behördenangaben zunächst nicht vor. Eine Tsunami-Warnung wurde nicht herausgegeben. (afp/dapd)