Tokio. .

Das Erdbeben und der Tsunami am 11. März in Japan könnten die folgenreichste Naturkatastrophe der modernen Zeit sein, meinen Experten: Die Erkenntnis, dass eine solche Tragödie jeden Treffen kann, könnte die Welt verändern.

Japans Tragödie könnte eines der schlimmsten Unglücke unserer Zeit werden - eines, das Politik, Wirtschaft und sogar die Philosophie über Jahrzehnte hinaus beeinflussen könnte, in einer Welt, die immer noch vernetzter wird.

„Dieses Ereignis hat das Potenzial, die weltweit folgenreichste Naturkatastrophe der modernen Zeit zu sein. Und sie könnte, angesichts der Globalisierung, sogar die folgenreichste aller Zeiten sein“, sagt Rob Verchick, Katastrophenexperte an der Loyola Universität in New Orleans. Zum einen ist da die schiere, surreale Kraft der Bilder: auf dem Dach liegende Autos, Schiffe in Reisfeldern und der Kampf David gegen Goliath: Mensch gegen radioaktive Strahlung.

Den Menschen würden damit einige seiner Grundängste vor Augen geführt. Dazu kämen die Auswirkungen, die das Unglück auf dem ganzen Planeten haben wird. Japan ist eines der fortschrittlichsten Länder der Welt, drittgrößte Wirtschaftsnation, erfolgreichster Autohersteller und an zweiter Stelle bei den Ausgaben für Entwicklungshilfe.

Menschliche Tragödie und nukleare Katastrophe

Beim Tsunami 2004 starben mehr Menschen, der Einsturz des World Trade Centers führte zu zwei Kriegen, der Fall der Berliner Mauer war das Ende einer Ära. Doch in Japan, wo menschliche Tragödie und nukleare Katastrophe zusammenkommen, stellen sich fundamentale Fragen. Wenn eine technologische Großmacht wie Japan so verwundbar sein kann, wer ist dann noch sicher? Ist selbst ein minimales Risiko bei der Atomkraft zu groß? Die Naturkatastrophen und die atomare Krise in Japan machem einmal mehr klar, dass Menschen am Ende den Elementen ausgeliefert sind.

Francis Fukuyama, Philosophie-Professor an der Universität im kalifornischen Stanford, sieht in der Katastrophe auch die Möglichkeit einer gesellschaftlichen Veränderung in der Welt. Denn sie erinnere uns nicht zuletzt daran, wie verletzbar wir sind. Fukuyama bringt dazu ein historisches Beispiel. 1755 haben ein Erdbeben und ein Tsunami Lissabon in Schutt und Asche gelegt, Zehntausende getötet und die Aufklärer dazu gebracht, die Rolle von Regierung und Gemeinschaft zu überdenken.

Potenzial, die Welt zu verändern

Während damals die Regierungen vermehrt begannen, die Schutzfunktion über die Gemeinschaft zu übernehmen, könnte nach der Katastrophe in Japan ein Schritt in Richtung einer Weltgemeinschaft gemacht werden, glaubt Katastrophenforscher Verchick.

Anders als das Erdbeben in Haiti 2010 oder der Tsunami 2004 trifft das Unglück diesmal Menschen in einer Industrienation, zudem eine hochtechnologisierte. Menschen in Europa und den USA wird dadurch klar, dass es auch sie treffen könnte. Zusätzlich werden die wirtschaftlichen Auswirkungen auf der ganzen Welt zu spüren sein. Bereits jetzt wird von Deutschland bis Amerika über die Sinnhaftigkeit der Atomenergie diskutiert.

Die Zugänglichkeit aller Informationen über das Unglück, die Bilder, der Schock. All das hat Einfluss auf Menschen auf der ganzen Welt, sagt Verchick. Und das Potenzial, sie und ganze Gemeinschaften zu verändern. (dapd)