Berlin. . Berufspendlern droht wegen des Lokführerstreiks eine neue Nervenprobe: Am Montag müssen sich Bahn-Reisende auf erhebliche Behinderungen einstellen. Wo die Arbeit niedergelegt wird, wollte die GDL kurzfristig bekanntgeben.
Am Montag müssen sich Bahn-Reisende wegen eines ersten Warnstreiks auf erhebliche Behinderungen einstellen. Wo die Arbeit niedergelegt wird, wollte die Gewerkschaft GDL kurzfristig bekanntgeben. Die Bahn warf den Lokführern am Wochenende Willkür vor. Sie will an Bahnhöfen und Hotlines mehrere Hundert Mitarbeiter zusätzlich einsetzen. Verkehrsminister Peter Ramsauer warnte die GDL davor, die Bahn-Kunden als Geiseln für ihre Tarifforderungen zu nehmen.
Wo und wann die Lokführer die Arbeit niederlegen wollen, blieb zunächst offen. GDL-Chef Claus Weselsky sagte der „Bild am Sonntag“ lediglich: „Der erste Arbeitskampf wird nicht länger als drei Stunden dauern, aber eine sehr wirksame Aktion sein.“ Die Bahn kündigte an, auch in den Betriebszentralen zusätzliche Mitarbeiter einzusetzen. Die Auswirkungen des Streiks sollten so gering wie möglich gehalten werden. Wer wegen des Streiks eine Reise nicht antreten könne, bekomme von der Bahn die Fahrkarte und die Reservierung kostenlos erstattet.
„Nicht länger als drei Stunden“
Der Fahrgastverband Pro Bahn fürchtete erhebliche Probleme für Reisende und rief die Lokführer zur Rücksichtnahme auf. „Es wäre wünschenswert, wenn die GDL nicht gleich die ganz große Keule rausholt“, sagte Pro-Bahn-Chef Karl-Peter Naumann der „Berliner Zeitung“. Die GDL sollte nach Streikformen suchen, die wenig Schaden anrichteten. Sie könnte sich etwa auf Reisezentren konzentrieren oder nur jeden zweiten Zug fahren lassen.
„Ich appelliere mit allem Nachdruck an die Verantwortlichen, sich nicht die Falschen zum Feind zu machen“, sagte Ramsauer mit Blick auf die Fahrgäste. Berufspendler dürften nicht als Geiseln genommen werden. „Für einen solchen Streit wird die Bevölkerung kaum Verständnis haben“, sagte Ramsauer der „Bild am Sonntag“.
GDL droht mit flächendeckenden Streiks
Weselsky forderte Ramsauer zur Zurückhaltung auf: „Ich erwarte vom Minister, dass er sich nicht in Tarifverhandlungen einmischt.“ Der Warnstreik ziele auf den Arbeitgeber und nicht auf die Kunden, sagte er dem „Spiegel“. Die Lokführer wüssten, dass sie die Fahrgäste stark in Mitleidenschaft zögen. Er setze aber darauf, dass die Reisenden unterscheiden könnten zwischen Missmanagement bei der Bahn - im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt - und einem ganz normalen Arbeitskampf. „Wir werden maßvoll mit unserer Macht umgehen“, versicherte Weselsky.
Zugleich goss der GDL-Chef weiteres Öl ins Feuer. „Solange wir kein verhandlungsfähiges Angebot bekommen, werden wir die Arbeitskämpfe steigern - bis zum flächendeckenden Streik“, sagte Weselsky der „Bild am Sonntag“. Die GDL fordert einen Branchentarifvertrag für die etwa 26.000 Lokführer. Die Gespräche mit der Bahn und ihren sechs großen privaten Konkurrenten blieben bislang erfolglos.
Mit den Kunden vermiesen?
Für Verärgerung sorgt die GDL auch bei der konkurrierenden Bahngewerkschaft EVG. „Wenn man es sich vermiesen will mit den Kunden, dann macht man das so wie die GDL“, kritisierte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner im „Tagesspiegel“. Zugleich warnte er die Arbeitgeber, den Forderungen der GDL nachzugeben: „Wenn die Arbeitgeber der GDL einen besseren Abschluss als mit uns zugestehen, wird das weitreichende Konsequenzen haben.“ Dann werde die EVG Nachverhandlungen fordern und gleiche Bedingungen verlangen. Die EVG hatte sich mit der Bahn auf Lohnerhöhungen geeinigt, die bis Ende 2012 rund fünf Prozent ausmachen sollen.
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber warf der GDL vor, die Bahn zu bestreiken, obwohl sie eigentlich etwas von deren Konkurrenten wolle. „Das nenne ich willkürlich, unsachlich und wenig seriös“, sagte er „Spiegel online“. Dass eine Lösung in letzter Minute möglich ist, glaubte er nicht: „Ich könnte mich auf den Kopf stellen und würde Warnstreiks nicht verhindern.“
Der Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hochbahn AG, Günter Elste, kritisierte, die GDL wolle einen Tarifvertrag diktieren. Sie bestehe auf Elementen, die vielleicht bei einem Großkonzern wie der Deutschen Bahn, nicht aber bei den Privatbahnen machbar seien, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.
Mit den Streiks sei vor allem auch in NRW zu rechnen, hieß es bereits gestern. (rtr)