Essen. . Für die Fahrgäste soll der Streit zwischen Bahn und VRR keine negativen Folgen haben. Das beteuert VRR-Chef Husmann. Vorerst werde es keine Preiserhöhung geben. Und bei Ausstattung, Pünktlichkeit und Sauerberkeit soll alles besser werden.
Der andauernde Streit zwischen der Bahn und dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) wird sich zunächst nicht auf die Fahrgäste auswirken. Das versprach am Mittwoch der Vorstandschef des VRR, Martin Husmann, in Gelsenkirchen. Stattdessen setzt er darauf, dass nach der Niederlage der Bahn vor dem Bundesgerichtshof (BGH) nun in Gesprächen unter Beteiligung des Landes ein Kompromiss gefunden wird, der für alle Bahnfahrer im Ruhrgebiet positive Folgen haben wird.
Das Ziel des VRR: die Regional- und S-Bahnen sollen besser ausgestattet werden, pünktlicher fahren und ordentlicher aussehen. VRR-Chef Husmann rechnet bis zum Sommer mit einer Einigung mit der Bahn.
Kommt eine Tariferhöhung?
Wer lange Strecken im Ruhrgebiet fährt, muss im kommenden Jahr mehr zahlen. Der VRR hat mit der Verkehrsgemeinschaft Niederrhein (VGN) eine Tarifgemeinschaft gebildet. Ab 1. Januar kommenden Jahres sollen in beiden Zonen einheitliche Tarife gelten. Das wird Auswirkungen auf die VRR-Kunden haben, sagte Husmann. Auf den langen Strecken wird ab Januar das Bahnfahren teurer. Für Entfernungen von Dortmund nach Düsseldorf etwa soll eine neue Preisstufe E gelten, die teuerer ist, als die heute gültige Preisstufe D.
Wie viel teurer die Strecke in der neuen Preisstufe wird, könne er heute noch nicht sagen, erklärte Husmann. Eine Entscheidung darüber werde erst im Sommer fallen. Gleichzeitig würden andere Tarife billiger. So würden insgesamt die Preisstufen im Bereich der VGN reduziert. Husmann bestritt, dass die Einführung der neuen Preisstufe etwas mit einer möglichen Finanzlücke nach der Niederlage der Bahn vor der BGH zu tun habe. Zwar müsse der Vertrag zwischen Bahn und VRR neu verhandelt werden und es sei absehbar, dass der VRR bis zum Ende des Jahres eine Finanzierungslücke in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro erleben werde. Doch diese Lücke werde nicht durch Mehreinnahmen durch Fahrpreiserhöhungen gedeckt – dazu seien Hilfen des Landes nötig und Preisnachlässe bei der Bahn.
Die Tarifveränderungen und die Einführung der neuen Preisstufe E seien nur dazu gedacht, die Zusammenführung der Verkehrsbereiche am Niederrhein und im Ruhrgebiet zu bezahlen.
Werden die versprochenen neuen Züge kommen?
Der VRR rechnet nicht damit, dass die Bahn das Zugangebot im Ruhrgebiet verschlechtert. Das Land habe beispielsweise rund 8 Millionen Euro für die neuen Regionalexpresszüge im laufenden Jahr schon bewilligt. VRR-Chef Husmann glaubt auch nicht, dass die geplante Anschaffung von 32 neuen S-Bahnzügen ersatzlos gestrichen werde. „Wir gehen davon aus, dass wir eine Einigung mit der Bahn und mit dem Land finden.“ Im Gespräch mit der WAZ hatte Verkehrsstaatssekretär Horst Becker (Grüne) bereits gesagt, dass das Land seine zugesagte Unterstützung nicht zurückziehen werde, wenn der VRR ein vernünftiges Konzept vorlegt, wie es nach dem Entscheid des BGH weitergehen soll. Insgesamt geht es um167 Millionen Euro, die das Land für eine Verbesserung des Zugangebotes im Ruhrgebiet noch zahlen will.
Husmann sagte, man könne mit der Bahn schnell zu einer Einigung kommen.Es gehe darum, die zentralen Punkte aus dem alten Vertrag zu retten, der vor dem BGH gekippt wurde. Die Bahn müsse dazu Preise nachlassen. Außerdem müsse sich die Bahn an den Risiken beteiligen. Es könne beispielsweise nicht sein, dass steigende Energiekosten nur den VRR belasten würden.
Weiter gelte es die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ernst zu nehmen. Der BGH hatte entschieden, dass der VRR die Verträge mit der Bahn für den Betrieb von S-Bahn-Strecken nicht ohne Ausschreibung verlängern dürfe. Husmann sagte, er könne sich auf dieser Basis vorstellen, einige S-Bahn-Linien über den jetzigen Zeitrahmen von 2018 hinaus ohne Ausschreibung an die Bahn direkt zu vergeben. In diesem Fall müssten dann aber andere S-Bahn-Linien schneller als geplant öffentlich ausgeschrieben werden. „Wir stehen zum Wettbewerb“, sagte Husmann, egal welcher Kompromiss gefunden werde. Bislang ist die Bahn wichtigster Partner des VRR. Private Bahn-Konkurrenten wie Abellio oder die Prignitzer Eisenbahn tragen nur knapp ein Viertel des VRR-Verkehrs.
Hat der Streit des VRR mit der Bahn den Bahnfahrern etwas gebracht?
Nach Ansicht des VRR war der Streit mit der Bahn bislang erfolgreich. „Nur dank unseres Widerstandes konnten Verhältnisse wie in Berlin vermieden werden“, sagte Husmann. Dort hatten Ausfälle von schlecht gewarteten S-Bahn-Zügen wiederholt für wochenlanges Verkehrschaos gesorgt. Gleichzeitig seien die Bahnen im Ruhrgebiet pünktlicher und sauberer geworden. Etliche „Museumsähnliche“-Bahnen seien zudem durch moderne Züge ersetzt worden. „Man merkt: Die Bahn tut was für die Qualität.“, sagte Husmann. Doch trotz dieser Hoffnungsschimmer gebe es noch einiges zu tun. Gerade der Einfluss des Wetters auf den Verkehr gelte es zu begrenzen. Im vergangenen Jahr hat der VRR rund 1,1 Milliarden Fahrten abgewickelt. Im Schienenverkehr konnten nur etwa ein Drittel der Kosten durch Ticketpreise gedeckt werden. Den Rest zahlten die Steuerzahler über Zuschüsse.