Brüssel. . Jedes Jahr beschlagnahmen europäische Zöllner Millionen Packungen mit gefälschten Medikamenten. Das Risiko der Fälscher, erwischt zu werden, ist gering. Das EU-Parlament will das jetzt ändern.
Alljährlich beschlagnahmen europäische Zöllner Millionen Packungen mit gefälschten Pillen, Tropfen und Salben. Das Risiko für Medikamentenfälscher, erwischt zu werden, ist trotzdem gering, die Profite sind hoch. Das soll sich ändern: Das EU-Parlament hat am Mittwoch in Straßburg ein Gesetz verabschiedet, das Medikamente fälschungssicher machen soll.
Leidtragende der Fälschungen sind die Verbraucher: Sie wissen nicht, welche Wirkstoffe sie zu sich nehmen. Im besten Fall bewirkten die Medikamente gar nichts, im schlimmsten Fall seien sie tödlich, warnen Pharmaverbände.
Der größte Markt für gefälschte Arzneien sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Entwicklungsländer. Dort seien bis zu 30 Prozent aller Medikamente gefälscht. Doch auch in der Europäischen Union ist das Problem gravierend. Jede hundertste verkaufte Packung enthält nach einem Bericht des EU-Parlaments gefälschte Medizin. 7,5 Millionen Packungen mit gefälschten Medikamenten seien 2009 an den Außengrenzen der EU abgefangen worden, berichtet die EU-Kommission, deutlich mehr als in den vergangenen Jahren.
90.000 Euro für ein Kilogramm falscher Potenzpillen
Solche gefälschten Pillen enthalten nach Angaben der Europäischen Arzneimittel-Agentur entweder falsche oder keine erkennbaren Wirkstoffe. Es komme auch vor, dass Originalmedikamente in anderen Packungen landeten.
Dabei handle es längst nicht mehr nur um die in Spam-Mails beworbenen Diätmittel und Potenzpillen. Fälscher würden heute von Cholesterin-Senkern bis zu Krebsmitteln alles herstellen, was Profit bringt, sagt der Europa-Parlamentarier Peter Liese (CDU), der selbst Mediziner ist. Und der Gewinn ist groß: Für ein Kilogramm gefälschte Potenzpillen liege der Schwarzmarktpreis bei 90.000 Euro, sagt ein Sprecher des Verbands der forschenden Pharmaunternehmen. Zum Vergleich: Ein Kilogramm Heroin werde unter der Hand für 50.000 Euro gehandelt.
Für Verbraucher ist es nach Ansicht von Fachleuten fast unmöglich, Fälschungen von Originalen zu unterscheiden. Selbst Experten täten sich da schwer, gibt der Verband der forschenden Pharmaunternehmen zu. Bis das EU-Gesetz für fälschungssichere Medikamente greift, werden noch mehrere Jahre vergehen. Solange müssen Kunden beim Einkauf aufpassen.
Sicherer Kauf nur in der Apotheke
Wer sicher gehen möchte, sollte in einer Apotheke einkaufen. Laut dem Pharmaverband hat es in den vergangenen zehn Jahren lediglich 35 Fälle von Medikamentenfälschungen in deutschen Apotheken gegeben. Diese seien alle aufgeklärt worden, ohne dass Patienten zu Schaden gekommen seien.
Das Risiko, beim Kauf über eine Internetapotheke an gefälschte Arzneimittel zu gelangen, sei dagegen größer. Verbraucher, die trotzdem im Internet kaufen wollen, sollten darauf achten, dass grundlegende Angaben wie der Name des Inhabers und die zuständige Aufsichtsbehörde genannt sind. Bei Zweifeln an der Seriosität einer Onlineapotheke helfe die Apothekerkammer weiter.
Deutlich warnt der Verband vor Pillen, die in Spam-Mails beworben werden. Das Risiko, dass es sich dabei um Fälschungen handle, sei groß. Gleiches gilt für Internetseiten, die verschreibungspflichtige Medikamente anbieten, ohne dafür ein Rezept zu verlangen.