Karlsruhe. . Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte Geschiedener: Ihnen darf der Unterhalt nicht gekürzt werden, nur weil der unterhaltspflichtige Ex-Partner wieder geheiratet hat.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Ansprüche Geschiedener auf Unterhalt vom früheren Partner gestärkt und damit eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs gekippt. Die Karlsruher Richter kassierten die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Berechnung des Unterhalts in Fällen, in denen unterhaltspflichtige Exgatten wieder heiraten. Der BGH habe einen „Systemwechsel“ eingeleitet und sei damit zu weit gegangen, erklärten die Verfassungsrichter in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss.

Sie hoben ein Urteil zulasten einer geschiedenen Frau auf. Diese war 24 Jahre lang verheiratet gewesen. Nach der Scheidung erhielt sie zunächst 618 Euro im Monat als Unterhalt. Ihr geschiedener Mann heiratete jedoch erneut. Daraufhin wurde der Unterhalt vom Amtsgericht auf 488 Euro herabgesetzt.

Der Amtsrichter bezog sich dabei auf die 2008 vom BGH entwickelte sogenannte Dreiteilungsmethode, die auch die Einkommensverhältnisse und den etwaigen Bedarf des neuen Ehepartners einbezieht. Das Oberlandesgericht bestätigte vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Amtsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hob das OLG-Urteil jetzt auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück.

Verfassungsrichter rügen BGH

Die vom BGH entwickelte Methode „belastet den vorangegangenen Ehegatten einseitig zugunsten des Unterhaltspflichtigen und dessen nachfolgenden Ehegatten“, heißt es in der Begründung des Verfassungsgerichts. Sie widerspreche auch der Absicht des Gesetzgebers. Denn dieser habe festgehalten: Ausschlaggebend für den Unterhalt sollen die wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung sein. Der BGH berücksichtige in seiner neuen Methode dagegen die tatsächlichen Verhältnisse nach der Scheidung, zum Beispiel durch eine neue Heirat. Damit hätten sich die Bundesrichter von der gesetzlichen Grundlage gelöst und durch „eigene Gerechtigkeitsvorstellungen ersetzt“, kritisierten die Verfassungsrichter.

Hintergrund ist eine zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Änderung des Unterhaltsrechts, die einige Nachteile für geschiedene Ehepartner brachte. Ein Grundsatz wurde nach Auffassung des Verfassungsgerichts aber nicht angetastet: Maßstab für den Unterhalt soll die Teilhabe am „gemeinsam erreichten Status“ zum Zeitpunkt der Scheidung sein. Etwaige zusätzliche Pflichten für neue Ehepartner, die sich ein Geschiedener erst später aufbürdet, sollen bei der Ermittlung des Bedarfs früherer Partner hingegen keine Rolle spielen.

Dreiteilungsmethode stammt aus dem Jahr 2008

Die Dreiteilungsmethode hatte der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom Juli 2008 entwickelt. Das Grundprinzip: Die Einkünfte der beiden früheren Ehepartner und des neuen Partners werden zusammengezählt und durch drei geteilt. Auf dieser Basis wird der Bedarf des früheren Partners berechnet. „Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass der geschiedene Ehepartner infolge der neuen Bedarfsermittlung regelmäßig weniger, selten dasselbe, nie aber mehr erhält als im Wege einer nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmten Berechnung“, bemängelten die Verfassungsrichter. (Aktenzeichen: 1 BvR 918/10) (dapd)