Berlin. . Der Streit um die Hartz-Reform geht weiter. Spitzenvertreter von Bund und Ländern gingen am frühen Montagmorgen nach neuneinhalb Stunden Verhandlung in Berlin ohne Ergebnis auseinander. Eigentlich soll Freitag der Bundesrat abstimmen.

Das Gerangel um die Hartz-Reform hat kein Ende. Am frühen Montagmorgen scheiterte ein neuer Anlauf, in den festgefahrenen Gesprächen einen Kompromiss auszuloten. Nach neuneinhalbstündigen Verhandlungen in der Hamburger Landesvertretung in Berlin gingen Spitzenvertreter von Bund und Ländern ohne Ergebnis auseinander. Die Gespräche sollen am Dienstag auf höchster Ebene fortgesetzt werden. Knackpunkt war vor allem der Streit um die Höhe des Hartz-IV-Regelsatzes für Erwachsene. Die Chancen, dass der Bundesrat, wie ursprünglich geplant, am Freitag über die Reform abstimmen kann, stehen schlecht.

Die Hartz-Reform liegt derzeit auf Eis. Geplant ist eine Erhöhung des Regelsatzes für Erwachsene um 5 auf 364 Euro und ein Bildungspaket für bedürftige Kinder - mit Zuschüssen für Schulmaterial, Freizeitaktivitäten und warmes Mittagessen in Schule und Kita.

SPD, Grünen und Linken ist beides zu wenig. Der Bundesrat hatte die Reform deshalb im Dezember ausgebremst. Seitdem läuft ein Vermittlungsverfahren zwischen dem Bundestag und der Länderkammer. Im Bundesrat ist das Regierungslager auf die Stimmen von Ländern angewiesen, in denen SPD oder Grüne mitregieren. Verhandelt wird nun über die Berechnung des Regelsatzes, über die Ausgestaltung und die Abwicklung des Bildungspakets aber auch über Mindestlöhne und strengere Regeln für die Zeitarbeit.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen legte Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein Angebot zur Entlastung der Kommunen auf den Tisch. Demnach wäre der Bund bereit, schrittweise die Milliardenkosten für die Grundsicherung im Alter zu übernehmen. Bislang tragen die Städte und Gemeinden hier die Hauptlast. Die Kommunen müssten im Gegenzug unter anderem das Bildungspaket für arme Kinder zahlen und im Streit um die Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Empfänger Ruhe geben.

SPD fordert 370 Euro Regelsatz

SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig sprach hier von einer Annäherung. Der Vorschlag sei allerdings nicht neu. Die Kommunen dürften bei einer solchen Regelung nicht über den Tisch gezogen werden, mahnte sie. Hier gebe es noch Gesprächsbedarf.

Streit gab es insbesondere um die Höhe des Hartz-Regelsatzes. Von der Leyen hatte sich hier zu Verhandlungsbeginn unnachgiebig gezeigt. SPD und Grüne forderten jedoch beharrlich, die Berechnungsweise zu ändern. Sie wollen, dass „Aufstocker“, die bis zu 100 Euro zu ihren Sozialleistungen hinzuverdienen, aus der Referenzgruppe für die Berechnung des Regelsatzes herausfallen. Der Satz würde damit um sechs Euro zusätzlich steigen - auf 370 statt wie bisher geplant auf 364 Euro.

Auch die Forderung nach gleichem Lohn für Zeitarbeiter bereitete den Unterhändlern Probleme. Schwesig kritisierte, dass sich die Bundesregierung an dieser Stelle nicht bewege. Die Koalition und insbesondere die FDP poche auf eine Frist von neun Monaten, bis Zeitarbeiter den gleichen Lohn bekommen sollen wie die Stammbelegschaft. Dies sei „nicht akzeptabel“.

En tscheidung in Bundesrat fraglich

Am Dienstag sollen sich nun zunächst die Partei- und Fraktionschefs beraten. Anschließend ist eine Runde in der bisherigen Besetzung geplant - mit von der Leyen, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU), Schwesig, SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann und den stellvertretenden Fraktionschefs von FDP und Grünen, Heinrich Kolb und Fritz Kuhn.

Ursprünglich sollte der Bundesrat am Freitag über die Reform beraten. Zuvor wäre jedoch eine Grundsatzeinigung nötig, die in verschiedenen Gremien der Parteien, Fraktionen und in den Ländern abgesegnet und in Gesetzesform gebracht werden müsste.

Von der Leyen räumte ein, die Wahrscheinlichkeit sei gering, dass dieser Zeitplan einzuhalten sei. „Es sind schwierige Verhandlungen“, betonte sie. Die Gespräche seien erst am Ende, wenn in alle drei Verhandlungsfeldern Einigkeit herrsche.

„Das ist insgesamt ein zähes Ding“, beklagte Kuhn. SPD und Grüne seien aber weiter bereit, nach einer Lösung zu suchen. Dafür müsse sich die Bundesregierung allerdings in allen drei Bereichen bewegen - beim Regelsatz ebenso wie beim Thema Mindestlohn und dem geplanten Bildungspaket für Kinder. (afp/dapd)