Sanaa. . Im Jemen haben Sicherheitskräfte laut Augenzeugen das Feuer auf Demonstranten eröffnet. In verschiedenen Teilen der Hauptstadt Sanaa und auch in anderen Städten seien Hunderttausende Menschen auf die Straßen gegangen.

Im Jemen haben Sicherheitskräfte laut Augenzeugen am Donnerstag das Feuer auf Demonstranten eröffnet. Ein Teilnehmer einer Protestkundgebung sei schwer verletzt worden, teilten die Sicherheitskräfte mit. Außerdem sei Tränengas zum Einsatz gekommen. Zwei weitere Demonstranten seien in der Stadt Mukalla im Osten des Landes verletzt worden, hieß es. Nähere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.

In verschiedenen Teilen der Hauptstadt Sanaa und auch in anderen Städten des Jemens seien am Donnerstag Hunderttausende Menschen auf die Straßen gegangen, sagte Mohammed al Sabri, Sprecher einer Dachvereinigung der Oppositionsparteien. Außerdem waren zahlreiche Anhänger der Regierung unterwegs. „Ich glaube die Frustration der jungen Generation ist in der gesamten arabischen Welt gleich“, sagte der jemenitische Außenminister Abu Bakr al Kirbi der Nachrichtenagentur AP in Brüssel. Anders als andere arabische Regierungen habe die jemenitische Regierung aber nie die Kontakte zu den Oppositionsparteien und Bürgerrechtsgruppen abgebrochen. Deshalb sei die jemenitische Regierung in einer besseren Position für einen konstruktiven Dialog als andere arabische Regierungen, sagte er.

Tags zuvor hatte der seit drei Jahrzehnten herrschende Präsident Ali Abdullah Saleh in einer Rede vor beiden Häusern des Parlaments erklärt, dass er sich nicht um eine weitere Amtszeit bewerben will.

Demonstranten fordern Rücktritt des Präsidenten

Der Opposition reichte das nicht. Mehrere Tausend Demonstranten forderten am Donnerstag auf einer Kundgebung an der Universität in Sanaa den sofortigen Rücktritt Salehs. In der Innenstadt kam es kurzzeitig zu Auseinandersetzungen mit Unterstützern des Präsidenten. Die Polizei trennte die beiden Gruppen.

Bei den bislang größten Kundgebungen forderten die Demonstranten weiterhin den Rücktritt von Saleh. „30 Jahre Versprechen und 30 Jahre Lügen“, stand auf einem ihrer Banner. Die Protestierenden riefen: „Nieder, nieder mit dem Regime!“

Weit geringer war die Zahl der Demonstranten, die zur Unterstützung der Regierung auf die Straße gingen und sich auf dem Tahrir-Platz in Sanaa versammelten. Sie warfen der Opposition vor, das Land zu destabilisieren und Chaos zu verbreiten.

Geschäfte geschlossen

Vor dem Innenministerium und der Zentralbank wurde ein starkes Aufgebot an Sicherheitskräften zusammengezogen. Militärhubschrauber kreisten über der Stadt.

In der Stadt Aden überwanden Tausende Demonstranten eine Absperrung aus Schützenpanzern, mit der die Sicherheitskräfte den Aufmarsch der Protestierenden auf einer Hauptstraße der Stadt verhindern wollten. „Das Volk will den Sturz des Regimes, den Sturz des Präsidenten“, riefen die Demonstranten.

Alle größeren Geschäfte in Sanaa und Aden schlossen, und größere Firmen engagierten Wachleute zum Schutz vor Plünderungen. Auch in der Stadt Dschaar in der südlichen Provinz Abjan kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

Hohe Arbeitslosigkeit

Der Jemen hat eine sehr junge Bevölkerung, und die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 35 Prozent. Außerdem herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung Armut - rund 40 Prozent der Menschen leben von weniger als 1,50 Euro am Tag.

Die Einnahmen aus Ölgeschäften seien rückläufig, sagte al Kirbi, weshalb der Jemen versuche, Investitionen aus dem Ausland zu erhalten und die Tourismusindustrie auszubauen. Die arabische Welt befinde sich in einem Transformationsprozess, sagte der Außenminister. Allerdings müsste dieser Wandel richtig gehandhabt werden, damit die Hoffnungen der Menschen erfüllt würden. Einmischungen des Auslands - beispielsweise aus Pakistan, Afghanistan und dem Irak - seien kontraproduktiv. Trotz allem sei er guter Hoffnung für die Zukunft der arabischen Welt, sagte al Kirbi. „Am Ende dieses dunklen Tunnels ist bereits ein Licht in Sicht“, sagte er. (ap)