Brüssel. . Europäische Terrorfahnder sollen grundsätzlich Zugriff auf die Daten von Fluggästen erhalten. Das schlug die EU-Kommission in Brüssel vor. Die Pläne sind umstritten.
Europäische Terrorfahnder sollen grundsätzlich Zugriff auf die Daten von Fluggästen erhalten. Das schlug die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel vor. Wenn jemand einen internationalen Flug bucht, der in Europa startet oder endet, sollen diese Daten Fahndern künftig automatisch zur Verfügung stehen. Schon heute werden die Informationen bei jeder Buchung erhoben, aber nicht in allen EU-Ländern von den Behörden genutzt. Die Kommissions-Pläne sind umstritten.
„Gemeinsame EU-Vorschriften sind notwendig, um gegen schwere Kriminalität wie Drogenschmuggel und Menschenhandel sowie Terrorismus vorgehen zu können“, sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. In jedem Mitgliedsland soll eine Behörde oder amtliche Dienststelle die Informationen aus den Buchungssystemen der Fluggesellschaften speichern. Dazu gehören Reisedaten, Reiseroute, Name und Kontaktdetails des Reisenden, das Reisebüro, Zahlungsweise, Sitznummer und Angaben zum Gepäck. Sie sollen nach einem Monat anonymisiert und nach fünf Jahren gelöscht werden. Allerdings soll sich die Anonymisierung in speziellen Fällen rückgängig machen lassen.
So genannte „sensible Daten“ sollten nicht gesammelt werden, sagte Malmström. Dazu gehörten Angaben, die Rückschlüsse auf die ethnische Zugehörigkeit, Religion, politische Meinung, sexuelle Orientierung oder Gesundheit zuließen. Nach den Brüsseler Vorstellungen sollen die Behörden die gespeicherten Fluggastdaten nach „verdächtigen Merkmalen“ durchforsten. Das könnten Erwachsene sein, die häufig in Begleitung unterschiedlicher Kinder auf derselben Strecke flögen. Manchmal sei dies ein Hinweis auf Menschenschmuggel. Zudem würden Fahndungen erleichtert.
EU-Parlamentarier aller Parteien lehnen Vorschlag ab
Dabei darf es laut Malmström aber nur um schwere Straftaten gehen, die mit mindestens drei Jahren Gefängnis bestraft werden und als Grund für die Ausstellung eines europäischen Haftbefehls gelten. Das sind Waffenschmuggel, Geldwäsche oder auch Mord. Auf Anfrage könne ein EU-Staat die Fluggastdaten bei einem anderen Mitgliedsland anfordern.
EU-Parlamentarier aller Parteien lehnten den Vorschlag ab. Birgit Sippel (SPD) äußerte „Zweifel, dass wir überhaupt ein solches EU-System brauchen“. Der Innenexperte der CDU/CSU, Manfred Weber, warnte vor „ungebremster Datensammelwut“. Parlamentarier mehrerer Fraktionen forderten, die EU-Kommission solle erst einmal den Nutzen eines EU-Passagierdatensystems beweisen.
Derzeit hat nur Großbritannien ein System zur staatlichen Verarbeitung der Flugdaten. Entsprechende Gesetze oder Testläufe gibt es in Frankreich, Dänemark, Belgien und Schweden. In Deutschland werden die Daten nur in Einzelfällen und auf Anfrage der Staatsanwaltschaft ausgewertet.