Düsseldorf. .

Die Woge der negativen Schlagzeilen hatte die rot-grüne Koalition längst überrollt, als der Finanzminister zu retten versuchte, was kaum noch zu retten war. Die Opposition versuche aus dem Beschluss des Verfassungsgerichts über den Nachtragsetat „eine Regierungskrise zu konstruieren“, sagte Norbert Walter-Borjans (SPD), als er gestern den Landtag informierte. Tatsächlich sei die Koalition voll handlungsfähig. Münster habe ihr nur zwei Auflagen erteilt: die Haushaltsbücher erst später zuzuklappen und bis dahin keine neuen Kredite aufzunehmen.

Die Irritationen hatte das Gericht weitgehend selbst ausgelöst. „Verfassungsgerichtshof untersagt durch einstweilige Anordnung den Vollzug des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010“ stand plakativ über der Pressemitteilung vom Vortag – eine Überschrift, die durch den Inhalt nicht gedeckt war. „Bedauerlich“, kommentierte Walter-Borjans. Ein Gerichtssprecher sagte, mit der Überschrift habe man den Sachverhalt „zuspitzen“ wollen.

Scharfe Attacken

Der Opposition war es egal. CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann , der trotz der ausstehenden Entscheidung in der Hauptsache ungerührt von ei­nem „Urteil“ sprach, nutzte die Münsteraner Schuldenbremse für scharfe Attacken auf die Regierung Kraft. „Sie verfrühstücken den Wohlstand unseres Landes, statt ihn zu mehren“, warf er der Ministerpräsidentin vor. Gleichzeitig schwenkte Laumann, der erst vor Tagen mit einer großen Koalition geliebäugelt hatte, vorsichtig auf den zuvor von Landeschef Norbert Röttgen vorgegebenen Neuwahl-Kurs um: Wenn Rot-Grün keine verfassungskonformen Etats für 2010 und 2011 vorlege, „ist der Zeitpunkt gekommen, darüber einen Landtagswahlkampf zu führen“.

So weit mochte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke dann doch nicht gehen. Er nahm das Wort Neuwahlen nicht in den Mund, forderte aber von Kraft eine Abkehr von der „hemmungslosen Schuldenpolitik“ und Konsequenzen für den Haushalt 2011. „Sie müssen damit rechnen, dass das Gericht Ihnen Vorgaben macht“, so Papke. Die Koalition lehnt aber eine Korrektur des Etatentwurfs ab, der eine Milliarde Euro für notleidende Städte sowie den Einstieg in gebührenfreies Studieren und kostenlosen Kita-Besuch vorsieht. „Das ist der richtige Weg für NRW“, bestand Kraft auf ihrer Politik der sozialen Prävention, „da­ran werden wir nachhaltig festhalten.“

Empörter Rüttgers

Wie Kraft, die Milliarden-Rücklagen für den WestLB-Schutzschirm verteidigte, gingen auch die rot-grünen Fraktionsspitzen zum Gegenangriff über. Norbert Römer (SPD) betonte, der beanstandete Nachtragsetat sei die „Schlussabrechnung“ der Re­gierung Rüttgers – der Ex-Ministerpräsident quittierte die Angriffe mit empörten Gesten. Grünen-Fraktionschef Rei­ner Priggen gestand der Opposition einen „Teilerfolg“ zu, meinte aber: „Abgerechnet wird am Schluss, diese Regierung ist in keiner Krise.“

Auch Linken-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann sprang der Koalition bei. Er wertete den Gerichtsbeschluss als „Showerfolg“ für Schwarz-Gelb und nannte für den Etat 2011 seine Bedingungen: „Die Linke wird keinen Kürzungshaushalt unterstützen.“