Berlin. .

Im Dioxin-Skandal gibt es einen weiteren Betrugs-Verdacht. Ein Futtermittel-Hersteller soll belastete Fette von Harles und Jentzsch bezogen und damit 934 Bauernhöfe beliefert haben. Die Höfe konnten erst jetzt gesperrt werden.

Der Dioxin-Skandal weitet sich aus. Ein Futtermittelhersteller aus dem niedersächsischen Damme, der dioxinbelastete Fette vom Futterfetthersteller Harles und Jentzsch bezogen hat, soll nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums seine Lieferungen nicht vollständig offengelegt haben. Die 934 betroffenen Bauernhöfe konnten deshalb erst jetzt gesperrt werden. Etwa zehn Tage lang gerieten belastete Produkte, insbesondere Eier deshalb in den Handel, vermutet das Ministerium. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sprach von einem „Skandal“ und forderte Konsequenzen von Niedersachsen.

Den Angaben zufolge sind unter anderem 110 Legehennenbetriebe, 403 Schweinemastbetriebe und 248 Ferkelmastbetriebe betroffen. Sie sind seit Freitagabend gesperrt. Von dem Mischfutterhersteller in Damme sind offenbar auch Futtermittellieferungen nach Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bayern gegangen.

Staatsanwaltschaft eingeschaltet

Niedersachsen hat inzwischen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, da von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ausgegangen werde. Warum die betroffene Firma „verspätet und erst auf massiven Druck der Behörden die vollständigen Listen geliefert hat, wird derzeit geklärt“, teilte das Agrarministerium mit. Es müsse davon ausgegangen werden, dass etwa zehn Tage lang Produkte, in erster Linie Eier, in den Markt gelangt sein könnten. Nach wie vor werde aber nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung bei Verzehr dieser Waren gerechnet.

Gert Hahne, Sprecher des Ministeriums, machte am Samstag auf dapd-Anfrage klar, dass der Betrieb „gesetzlich verpflichtet“ gewesen sei, die Lieferlisten komplett mitzuteilen. Stattdessen habe er aber nur einen Teil der von ihm belieferten Betriebe offen gelegt. Aufgefallen sei das bei Nachkontrollen durch das Landesamt am Freitagabend. Noch am gleichen Abend sei die Staatsanwaltschaft informiert worden, sagte Hahne.

„Das ist ein Skandal im Skandal“

Aigner forderte Ministerpräsident David McAllister (CDU) zum konsequenten Durchgreifen auf. „Das ist ein Skandal im Skandal“, sagte sie. Sie stellte McAllister ein Ultimatum. Bis zum Nachmittag erwarte sie einen ausführlichen Bericht und bis zum Abend personelle Konsequenzen. Ihr Haus sei erst am frühen Samstagmorgen von den niedersächsischen Behörden über den Vorfall informiert worden, kritisierte sie.

Hahne stellte klar, dass nur durch die intensiven Kontrollen im Land der Fall überhaupt aufgedeckt worden sei. „Es geht hier nicht um ein Versagen der Behörden“, sagte er. In Niedersachsen würden alle „seit Wochen ihren Job“ machen. Die Kritik der Bundesverbraucherministerin greife deshalb „völlig daneben“, kritisierte er.

Aigner hatte erst am Freitagabend das Landesamt in Oldenburg besucht. Zuvor hatte sie Niedersachsen bereits scharf kritisiert, weil dioxinbelastetes Schweinefleisch in den Handel gelangt war. Nach dem Rücktritt von Astrid Grotelüschen (CDU) Mitte Dezember wird das Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen derzeit kommissarisch von Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) geführt. Im Dioxin-Skandal war aber bislang Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke hauptsächlich zuständig. Erst am Mittwoch soll der neue niedersächsische Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) im Landtag vereidigt werden. (dapd)