Berlin. .

Die Grünen setzen angesichts des aktuellen Dioxin-Skandals ihre Attacken auf Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) fort. Foodwatch-Chef Bode sieht die Bundesregierung als „Dienstleister der Futtermittelindustrie“.

Die Grünen setzen angesichts des aktuellen Dioxin-Skandals ihre Attacken auf Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) fort. Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast forderte am Donnerstag ein „Reinheitsgebot für Futtermittel“. Ihre Stellvertreterin Bärbel Höhn bekräftige die Rücktrittsforderung an die Ministerin. Dagegen sprang Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) Aigner bei. Die Verbraucherorganisation Foodwatch attackierte die schwarz-gelbe Bundesregierung als „Dienstleister der Futtermittelindustrie“.

Künast sagte: „Die Futtermittelströme müssen aufgeklärt werden - zum Schutz der Verbraucher und auch, um die wirtschaftliche Existenz der Bauern abzusichern.“ Statt den Futtermittelherstellern hinterherzulaufen, müsse Aigner auf den Tisch hauen und endlich eine verbindliche Positivliste für Futtermittelzutaten entwickeln lassen.

Höhn kritisierte, Aigner habe überhaupt keine tragfähige Lösung vorgelegt. Von ihren sieben Vorschlägen betreffe nur ein einziger das eigene Haus. „Wir kennen Frau Aigner als Ankündigungsministerin, jetzt ist sie nur hinterhergelaufen, deshalb ist die Rücktrittsforderung berechtigt“, sagte Höhn.

Söder betonte hingegen, Aigner habe sich absolut korrekt verhalten. „Wenn sich bewahrheitet, dass die Beimischung von Dioxinen bewusst und damit kriminell geschehen ist, braucht es harte Sanktionen“, sagte er. „Darauf kann man nicht nur mit Schadenersatz antworten. Lebensmittelvergifter müssen ins Gefängnis.“

Foodwatch-Chef Bode sieht Regierung in einer „Lobbyfalle“

Die Verbraucherorganisation Foodwatch attackiert die schwarz-gelbe Bundesregierung als „Dienstleister der Futtermittelindustrie“. Die Regierung fördere seit 2010 mit Steuergeld den Export von Schweinefleisch, sagte Foodwatch-Chef Thilo Bode der „Frankfurter Rundschau“ laut Vorabbericht. Damit deutsches Fleisch wettbewerbsfähig sei, müssten die Futtermittelkosten niedrig bleiben, was Skandalen wie dem aktuellen um die Dioxin-Belastung den Boden bereite.

Bode kritisierte, das Bundesministeriuim für Landwirtschaft und Verbraucherschutz vertrete die Interessen der Agrarindustrie, nicht die der Verbraucher. Die Regierung sei aber nun „in ihre eigene Lobbyfalle“ gegangen, denn „die Chinesen und die Südkoreaner wollen deutsche Dioxinschweine nicht mehr essen“. Nach Seoul hat auch Peking angekündigt, die Importe aus Deutschland zu stoppen. Bode nannte es „letztlich auch ökonomisch dumm, dass die Politik hier als Dienstleister der Futtermittelindustrie agiert und diese vor strikten Kontrollpflichten schützt“.

Die Pläne von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) zur Abwehr weiterer Skandale hält Bode für zu schwach. So sei eine Trennung der Produktion von Futtermittel-Fetten und Industrie-Schmierstoffen längst nicht ausreichend. Der Verbraucherschützer forderte eine gesetzliche Pflicht für die Futtermittelhersteller, ausnahmslos jede Charge jeder einzelnen Futtermittel-Zutat auf Dioxin zu testen, die Probe zu dokumentieren und die Charge bei Grenzwertüberschreitung zu vernichten.

Aigner-Ministerium hält Tötung von Schweinen für illegal

Nicht nur Tierschützer lehnen die angekündigte Tötung mit Dioxin belasteter Schweine ab. Auch das Verbraucherschutzministerium in Berlin erklärte laut Vorabbericht auf Anfrage der „Frankfurter Rundschau“, es sei illegal, Nutztiere zu töten, nur weil sie mit Dioxin belastet seien. Bislang seien auch noch keine Tiere wegen der Belastung getötet worden. Nach planmäßigen Schlachtungen sei lediglich belastetes Fleisch nicht in den Handel gekommen.

Die Zeitung schrieb, die Tierschutzorganisation Vier Pfoten wolle Anzeige erstatten, wenn Tiere allein wegen Dioxinbelastung geschlachtet würden. Nach ihrer Ansicht dürften Wirbeltiere nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden dürfen. „Hier wird aber ganz klar nach wirtschaftlichen Kriterien entschieden“, sagte Jürgen Faulmann, Nutztierexperte von Vier Pfoten, dem Blatt. Er hoffe, mit einer erfolgreichen Anzeige einen Präzedenzfall zu schaffen. Bislang gelte das Gesetz faktisch nur für Haus-, nicht für Nutztiere. Staatsanwälte und Richter seien dafür kaum sensibilisiert. Das Gesetz mache aber keinen Unterschied zwischen Hund und Schwein.

Die Fleischproduzenten halten Tötungen für rechtens. Nutztiere seien von vornherein zur Schlachtung bestimmt, diese werde bei den belasteten Tieren lediglich vorgezogen, argumentierten sie der Zeitung zufolge. (dapd)