Düsseldorf. .

Das NRW-Verfassungsgericht drängt darauf, vorläufig auf neue Kredite zu verzichten. Eine entsprechende Stellungnahme ging am Mittwoch bei Politikern in Düsseldorf ein. NRW-Finanzminister Walter-Borjans blieb – zumindest nach außen – ziemlich entspannt.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans blieb – zumindest nach außen – ziemlich entspannt. Während sie in Parteizentralen und Fraktionen noch über das kurz zuvor eingelaufene Fax des Verfassungsgerichts mit dem Vermerk „Eilt sehr!“ brüteten, begab sich der Sozialdemokrat pünktlich um 18 Uhr zu einem Termin der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort referierte Walter-Borjans – Ironie des Schicksals – vor geladenen Managern über das Thema „Verantwortungsvolle Finanzpolitik in Land und Kommunen“.

„Ganz gelassen“, sagte er unserer Zeitung, bewerte er, was an anderer Stelle in Düsseldorf für reichlich Irritation sorgte. Der Bitte von Gerichtspräsident Bertrams um eine verbindliche Erklärung der Landesregierung bis 17. Januar um 12 Uhr werde er nachkommen. „Das machen wir natürlich“, so der Minister. Mit der Anregung des Gerichts, das Land möge keine Kredite „zur Deckung von Zuführungen an Rücklagen und Sondervermögen“ aufnehmen, bis Münster die Klage von CDU und FDP gegen den Nachtragsetat „in der Hauptsache“ entschieden habe, könne er leben.

„Das ist nicht mehr rückbuchbar“

Die 1,3 Milliarden Euro an Rückstellungen für toxische WestLB-Papiere sind aus Sicht des Ministers kein Thema mehr. Die Summe, die in erster Linie die Opposition vor Gericht getrieben hatte, sei bereits bis Jahresende in das Sondervermögen eingezahlt worden. „Das ist nicht mehr rückbuchbar“, hieß es auch in der Staatskanzlei. Das Schreiben des Gerichts, so Walter-Borjans, bezieht sich nach seiner Lesart auf zwei Posten, die im Nachtragsetat für die Städte reserviert sind. Dabei gehe es um Rücklagen von insgesamt 745 Millionen Euro, un­ter anderem als Ausgleich für kommunale Einheitslasten, al­so den „Soli“. Dieses Geld müsse aber aktuell nicht ausgezahlt werden. Im übrigen pochte das Ministerium auf den Dezember-Beschluss des Landtags über den Nachtragsetat 2010. Man sei verpflichtet, ihn „ordnungsgemäß“ bis En­de des Haushaltsjahres zu vollziehen.

Die Opposition dagegen wollte den unerwarteten Brief als Erfolg im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema „rot-grüne Verschuldungspolitik“ für sich verbuchen. FDP-Fraktionschef Gerhard Papke brachte als erster seine Interpretation unter die Leute: Der Gerichtshof wolle offensichtlich verhindern, dass die Landesregierung vor einer Entscheidung über die Verfassungstreue des Nachtragshaushalts 2010 Fakten schaffe „und Nordrhein-Westfalen möglicherweise rechtswidrig zusätzliche Milliardenschulden aufbürdet“.

Ultimatum gestellt

Eigentlich hatten die Liberalen zwar mit der CDU vor Weihnachten eine einstweilige Anordnung gegen die Ausgabenpolitik der Regierung von Hannelore Kraft (SPD) angestrebt. Doch konnte man wirklich damit rechnen, dass erstmals in der bundesdeutschen Geschichte ein höchstes Ge­richt den Haushaltsvollzug ei­ner Regierung stoppt? Bislang wurde Verfassungsklagen in Etatfragen immer erst dann stattgegeben, wenn das Geld bereits ausgegeben und das Thema politisch durch war.

Das ungewöhnliche Ultimatum von Gerichtspräsident Bertrams erschien FDP und CDU somit als Geländegewinn. Die Aufforderung zur freiwilligen Selbstverpflichtung sei ja so etwas wie eine kleine einstweilige Anordnung, feixte man im Oppositionslager. Offiziell sprach CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann lieber von der klugen „Anregung der Verfassungsrichter“.