Drolshagen. .
Als Folge des Dioxin-Skandals fordern Politiker und Verbraucherschützer, dass der Bund mehr Kompetenzen bei der Lebensmittelkontrolle erhalten soll. Der Vorsitzende des Fachverbandes, Martin Müller, teilt diese Einschätzung.
Als Folge des Dioxin-Skandals fordern Politiker und Verbraucherschützer, dem Bund mehr Kompetenzen bei der Lebensmittelkontrolle zu übertragen. Martin Müller aus Drolshagen ist Vorsitzender des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure (BVLK) und unterstützt diese Forderung - und fordert völlig Transparenz bei der Veröffentlichung der Kontroll-Ergebnisse.
Lebensmittelkontrolle ist vorrangig Sache der Länder, Kreise und Kommunen. Sind Sie auch der Meinung, dass der Bund mehr Kompetenzen erhalten muss? Dass die Länder einheitliche Vorgaben brauchen, was die Dichte und die Qualität der Kontrollen und die Informationspolitik angeht?
Martin Müller: Ein klares Ja. In Krisenzeiten wie jetzt zeigt sich, dass wir eine gemeinsame Linie, einen Kompetenzbereich brauchen, in dem die Fäden zusammenlaufen. Wir benötigen Gleichklang bei der Lebensmittelkontrolle.
Ist das Vertrauen in die Kontrollmechanismen erschüttert?
Müller: So drastisch würde ich es nicht ausdrücken. Aber: Es gibt Kontrolldefizite, wir brauchen deutlich mehr Präsenz draußen. Es fehlen 1200 Stellen bei der staatlichen Lebensmittelkontrolle - daher können wir nicht genügend Kontrolldruck aufbauen. Jeder zweite Betrieb in Deutschland kann nicht innerhalb eines Jahres überprüft werden.
Der Verbraucher muss neugierig werden, was er einkauft
Welche Rolle spielt der Verbraucher?
Müller: Wir müssen ihn noch klarer informieren. Er muss wissen, dass nicht jedes Lebensmittel für einen Tiefpreis herzustellen ist und dass er mit den Füßen abstimmen kann. Indem er nicht in Läden mit Qualitätsdefiziten geht. Der Verbraucher muss neugierig werden: Er sollte sich dafür interessieren, woher sein Metzger oder sein Einzelhändler die Ware bezieht.
Wie kann der Verbraucher besser informiert werden?
Müller: Wir brauchen mehr Transparenz. Kontrollergebnisse - seien es positive oder negative - dürfen nicht mehr geheim bleiben. Aber hier sind die Länder tätig: Ein Projekt zur Veröffentlichung von Testergebnissen wird derzeit auf den Weg gebracht.
Bedarf es schärferer Gesetze?
Müller: Nein, die derzeitige Gesetzeslage reicht aus. Sie muss nur umgesetzt werden.
Das ist häufig eine Frage des Geldes. Betreiben Kommunen in Deutschland Lebensmittelkontrolle nach Kassenlage?
Müller: Zum Teil ja - dann, wenn Kontrollhäufigkeit dem Personalstand angepasst wird. Es muss aber umgekehrt sein.
Und was ist mit den Betrieben selbst?
Müller: Sie sind verpflichtet, durch eigene Kontrollen nachzuweisen, dass sie ihrer Verantwortung gegenüber dem Verbraucher nachkommen. Der Staat kontrolliert dies nur. Findet ein Betrieb bei Eigenkontrollen Mängel, muss er dies bei Gefahr für die Lebensmittelsicherheit den Behörden mitteilen. Tut er es nicht, handelt er mit krimineller Energie.
Nach dem Dioxin-Skandal haben vereinzelt „Experten“ kritisiert, dass sich die Kontrolleure vor ihren Besuchen bei den Betrieben anmelden. Ist das wirklich so?
Müller: Nein, natürlich nicht. Aber das gehört zur Legendenbildung. Jeder Betrieb wird unangemeldet und unmittelbar kontrolliert.