Hannover. .

Im Dioxin-Skandal sind Kontrolleure in Niedersachsen erstmals auf belastetes Schweinefleisch gestoßen. In der Fleischprobe eines testweise geschlachteten Tieres von einem Mastbetrieb sei ein erhöhter Giftwert festgestellt worden. In NRW wartet man derweil noch auf Ergebnisse.

Im Skandal um Dioxin-verseuchtes Tierfutter ist das Ultragift erstmals in Schweinefleisch nachgewiesen worden. Bei einem niedersächsischen Mäster sei bei einer Probeschlachtung eine Überschreitung des Grenzwertes für die Dioxinbelastung festgestellt worden, teilte das Landwirtschaftsministerium in Hannover am Dienstag mit. Die Tiere seien getötet und entsorgt worden. Bei einem weiteren Betrieb weise das Fleisch eine Kontaminierung um den Grenzwert herum auf.

Der betroffene Betrieb gehörte den Angaben zufolge zu den Kunden, die mit Futtermitteln des Unternehmen Harles und Jentzsch aus Schleswig-Holstein beliefert worden war. Die Firma steht im Verdacht, 3000 Tonnen mit Dioxin verseuchtem Futterfett verkauft zu haben, das zu Tierfutter verarbeitet wurde.

Inwieweit Schweine- oder Rinderfleisch in Nordrhein-Westfalen betroffen sind, ist noch ungeklärt. Willhelm Dietermann, stellvertretender Pressesprecher des NRW-Verbraucherschutzministerium: „Wir warten momentan noch auf Informationen aus Niedersachsen, ob NRW mit Fleisch bzw. Tieren aus den betroffenen Betrieben aus Niedersachsen beliefert wurde. Es kann aber noch zwei, drei Tage dauern, bis wir diese Info haben.“ Sollte sich herausstellen, dass Dioxin-belastetes Fleisch geliefert wurde, würde diese Information direkt an die Kreise weitergeleitete werden, da die Lebensmittelüberwachung kommunal organisiert ist. Die Kreisveterinäre würden dann, so Dietermann, die Schweinemastanlagen vor Ort direkt überprüfen und im Anschluss dann feststellen, ob und in welchen Lebensmittelläden kontaminiertes Fleisch bereits gelandet ist, um es dann aus dem Verkehr ziehen.

Der Sprecher des NRW-Verbraucherschutzministeriums äußerte sich nicht dazu, welche Futtermittelherstellerfirmen in NRW von der Firma Harles und Jentzsch beliefert wurden. Sobald es weitere Informationen zu dem Dioxin-Skandal gäbe, würden diesen auf der Internetseite des Verbraucherministerium öffentlich gemacht werden.

Entwarnung für Milchbetriebe in Niedersachsen

Bislang war Dioxin in Eiern und im Gewebe von Legehennen nachgewiesen worden. Für die Milchbetriebe in Niedersachsen wurde Entwarnung gegeben. Das Dioxin gelangte über einen Futterfett-Hersteller in Schleswig-Holstein in den Lebensmittelkreislauf. In NRW waren von den Sperrmaßnahmen in den letzten Wochen gut 272 Betriebe betroffen. Rund 140 sind Informationen aus dem Verbraucherschutzministerium weiterhin gesperrt.

NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel forderte inzwischen die Bundesregierung auf, im aktuellen Dioxin-Skandal nicht auf Vorschläge der Futtermittelindustrie zu warten, sondern selbst konkrete Schritte für einen besseren Verbraucherschutz vorzulegen und umzusetzen. „Ich begrüße es, dass Frau Aigner angekündigt hat, einige unserer Punkte aus dem 10 Punkte-Plan aufgreifen zu wollen. Die Trennung von Industrie- und Futterfetten ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Ich bin gespannt, ob Frau Aigner hier Wort hält oder vor der Lobby der Futtermittelindustrie einknickt“, sagte Minister Remmel bei einem Pressegespräch in Berlin. „Nun müssen CDU/CSU und die FDP auch auf die anderen Punkte einschwenken, insbesondere, was die staatliche Haftpflichtversicherung für Futtermittelhersteller angeht. Denn der Ausgangspunkt für die Lebensmittelskandale der letzten Jahre lag zumeist bei den Futtermitteln.“

Remmel fordert die Bundesregierung zudem auf, ihre Blockadehaltung in der Agrarpolitik mit Blick auf den aktuellen Dioxin-Skandal aufzugeben. „Der Dioxin-Skandal zeigt, dass die bisherige Agrarpolitik der Bundesregierung gescheitert ist. Statt immer größere landwirtschaftliche Industriebetriebe zu fördern, muss es auch im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher ein Umdenken geben“, erläuterte Remmel. „Die EU-Kommission und die NRW-Landesregierung setzen sich dafür ein, Fördergelder an ökologische, nachhaltige und soziale Bedingungen zu knüpfen. Die Förderung der bäuerlichen und der regionalen Landwirtschaft muss also vor der Subventionierung der industriellen Agrarunternehmen stehen nach dem Motto: Öffentliche Gelder nur für öffentliche Güter“, ergänzte Remmel. Doch bisher hätten sich die Bundeslandwirtschaftsministerin und auch der Bundesumweltminister nicht für eine nachhaltige Agrar- und Umweltpolitik eingesetzt.

(rtr/afp/böl)