Washington. .
Nach dem Anschlag auf Gabrielle Giffords hat in den USA eine Diskussion um den politischen Stil begonnen. Beobachter warnen vor der aggressiven Rhetorik, die jüngst den politischen Diskurs in den USA beherrscht habe.
Nach dem Anschlag auf eine Kongressabgeordnete im US-Staat Arizona hat in den USA eine Diskussion um den politischen Stil begonnen. Noch sind die Motive des Attentäters, der am Samstag in einem Einkaufszentrum in Tucson sechs Menschen tötete und 14 weitere verletzte, unklar. Beobachter warnten jedoch vor der aggressiven Rhetorik, die in der letzten Zeit den politischen Diskurs in den USA beherrscht habe.
Senator Dick Durbin aus dem US-Staat Illinois kritisierte am Sonntag im Fernsehen den Slogan „Gib nicht nach, lade nach“ der ehemaligen Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin. „Ich denke, diese giftige Rhetorik bringt instabile Personen dazu zu glauben, das sei eine akzeptable Antwort“, sagte Durbin. Der Anschlag könne die Tat eines „einzelnen Spinners“ sein, sagte der demokratische Abgeordnete Raul Grijalva am Samstag. Er warnte jedoch vor einer Atmosphäre, in der der politische Diskurs „von Hass, Wut und Bitterkeit“ geprägt ist.
Republikaner sehen keinen Zusammenhang mit aufgeheizter Stimmung
Aus den Reihen der Republikaner wurde eine möglichen Verbindung zwischen der aufgeheizten politischen Stimmung in den USA und dem Anschlag vom Samstag unterdessen zurückgewiesen. Die konservative Tea Party habe nicht zur Vergiftung der politischen Atmosphäre beigetragen, hieß es. Senator Lamar Alexander aus dem US-Staat Tennessee brachte den Attentäter hingegen mit extremistischen Ideologien in Verbindung. So soll der Verdächtige kommunistische und nationalsozialistische Inhalte ins Internet gestellt haben. „Das ist nicht das Profil eines typischen Mitglieds der Tea Party“, sagte Alexander am Sonntag im Fernsehen.
Der Abgeordnete Raul Labrador, der im US-Staat Idaho vor allem von Anhängern der Tea Party gewählt worden war, warb im Fernsehsender NBC für Zurückhaltung in der politischen Debatte. „Es gibt Extreme auf beiden Seiten. Es ist unsere Aufgabe, rational mit den Menschen zu reden und die Rhetorik zu beruhigen“, sagte Labrador.
Die bei dem Attentat am Samstag schwer verletzte Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords hatte bereits vor Monaten vor verbalen Attacken in der politischen Diskussion gewarnt. Auch Bezirkssheriff Clarence Dupnik brachte den Anschlag vom Samstag mit der aufgeheizten politischen Stimmung in Verbindung. „Das mag freie Meinungsäußerung sein, aber es ist nicht ohne Konsequenzen“, sagte Dupnik zu Journalisten. „Wir wissen, dass die Politik zu persönlich, zu gemein und vielleicht auch zu gefährlich geworden ist“, sagte der Vorsitzende der demokratischen Gruppe Third Way, Jonathan Cowan. „Vielleicht bringt diese sinnlose Tat wieder etwas Verstand in den öffentlichen Diskurs.“
Palin zielte mit Fadenkreuzen auf demokratische Bezirke
Vor allem Sarah Palin wurde für ihre kämpferische Rhetorik kritisiert. Im vergangenen März hatte die Ikone der Tea Party auf ihrer Facebook-Seite eine Karte der USA mit Fadenkreuzen auf demokratischen Bezirken veröffentlicht. „Wir stehen auf Sarah Palins Abschussliste“, hatte Giffords damals gesagt. „Wenn Leute so etwas tun, muss ihnen klar sein, dass solche Aktionen Konsequenzen haben.“ Nach dem Anschlag vom Samstag veröffentliche Palin auf ihrer Facebook-Seite einen Kondolenzbrief an die Opfer.
Viele Demokraten hatten die aggressive Stimmung während der Diskussion um die Gesundheitsreform kritisiert. Gemeinsam mit weiteren Abgeordneten hatte Giffords in den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres 42 Drohungen und Fälle von Vandalismus gemeldet. Nach Angaben der Polizei hatten fast alle Drohungen mit der Unterstützung der Gesundheitsreform durch die demokratischen Abgeordneten zu tun. Kurz nach der Abstimmung über die Gesundheitsreform im März wurde die Glastür von Giffords Büro in Tucson eingeworfen.
Der Anschlag auf Giffords sei nicht Teil einer größeren Bedrohung der Abgeordneten, sagte Bill Livingood von der Polizei des Repräsentantenhauses. In einer E-Mail forderte er die Abgeordneten am Samstag jedoch dazu auf, sich mit den örtlichen Sicherheitsbehörden in Verbindung zu setzen. (dapd)