Cancún. .

Deutschland und die EU sollen nach dem überraschenden Durchbruch beim UN-Gipfel im mexikanischen Cancún zu Vorreitern in der internationalen Klimaschutzpolitik werden. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) warb dafür, dass die EU „entschlossen“ voranschreite und die Emissionen bis 2020 um 30 Prozent reduziere. Bislang waren 20 Prozent zugesagt.

Nun müsse die Bundesregierung Druck machen, sagten auch die Unions-Umweltpolitiker im Bundestag, Thomas Gebhardt und Andreas Jung. Die Erhöhung des Ziels ist innerhalb der Bundesregierung umstritten, Insbesondere Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ist skeptisch. „Wenn Deutschland nun keine Dynamik entwickelt, werden uns andere Staaten abhängen“, sagte Frank Schwabe, klimapolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Auf dem UN-Gipfel in Cancún hatten sich die Delegierten von 194 Staaten nach zweiwöchigem Ringen auf die Grundlagen eines möglichen neuen Weltklimavertrags geeinigt. Erstmals wurde das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, verbindlich bestätigt.

Nur Bolivien mauerte

Zudem beschloss die Konferenz ein Paket von Klimaschutzmaßnahmen und die Einrichtung eines milliardenschweren Finanzfonds für arme Länder. Auch die weltgrößten CO2-Produzenten China und die USA stimmten für den Kompromiss, der ihnen jedoch keine verbindlichen Klimaziele auferlegt. Einzig Bolivien lehnte das Paket ab, wurde jedoch in einer dramatischen letzten Nacht überstimmt. Umweltverbände begrüßten die Vereinbarungen, werteten sie aber nur als Teilerfolg. „Viele Knackpunkte sind bis nächstes Jahr vertagt worden“, sagte Martin Kaiser, Klimaexperte von Greenpeace.

In einer dramatischen letzten Verhandlungsnacht haben sich die Delegierten der UN-Klimakonferenz im mexikanischen Cancún zu grundsätzlichen Entscheidungen über den Klimaschutz der Zukunft durchringen können. Wie sieht sie aus, diese Blaupause für einen neuen Weltklimavertrag, der frühestens im kommenden Jahr geschlossen werden kann? Welche Schlupflöcher gibt es?

Zwei Papiere

Die Konferenz verabschiedete zwei Papiere, die später zu einem neuen Abkommen zusammengeführt werden sollen. Die Dokumente nehmen Industrieländer, darunter auch die USA, sowie China, Indien und die Entwicklungsländer in die Pflicht. Rechtlich verbindlich sind sie jedoch noch nicht.

Im ersten Dokument, das für alle Staaten gilt, ist erstmals das Bekenntnis der Staatengemeinschaft enthalten, die Erwärmung der Erde auf nicht mehr als zwei Grad zu begrenzen. Die Staaten haben dazu ihre freiwilligen CO2-Ziele benannt. Auf der Liste sind auch die Angebote der USA sowie der Schwellen- und Entwicklungsländer aufgeführt.

Das zweite Papier soll die Nachfolge des 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls regeln. Es nimmt Industrieländer (mit Ausnahme der USA) mit Verweis auf die Klimaforschung in die Pflicht, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 25 bis 40 Prozent zu mindern. Auch hier findet sich ein Verweis auf das Zwei-Grad-Ziel.

Die Emissionen

Die Papiere sind indes völkerrechtlich nicht bindend, aber offiziell beschlossen und somit erstmals Teil eines UN-Vertragwerks. Die Klimaziele werden auch von den USA, China und Indien anerkannt. Im Vergleich zum gescheiterten Kopenhagen-Gipfel ist dies eine Aufwertung.

Aber: Die von den Staaten bislang abgegebenen CO2-Ziele reichen nach Angaben der UN bei weitem nicht aus, um die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Deswegen sollen die Vorgaben 2015 geprüft und notfalls nachgebessert werden. Ungeklärt blieb, wie künftig mit der „heißen Luft“ umgegangen wird. Staaten des ehemaligen Ostblocks dürfen bislang mehr CO2 ausstoßen, weil ihre Emissionen nach dem Zusammenbruch ihrer Industrien drastisch zurück gegangen sind.

Eine Welt-Klimakasse

Zur Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen sowie des weltweiten Technologie-Transfers wird ein „Grüner Klimaschutzfonds“ errichtet. Im Jahr 2020 soll er jährlich mit 100 Milliarden Dollar gespeist werden und öffentliches sowie privates Kapital enthalten. Verwaltet werden soll der Fonds von einem Gremium, dem je zwölf Vertreter der Industrie- und der Entwicklungsstaaten angehören. Übergangsweise soll die Weltbank als Treuhänder das Vermögen des Fonds übernehmen.

Das in Kopenhagen unterbreitete Angebot von Industriestaaten, 30 Milliarden Dollar als Soforthilfe bis 2012 zur Verfügung zu stellen, wird zur Kenntnis genommen.

Zwar steht die Struktur steht. Allerdings ist teilweise noch ungeklärt, woher die Gelder kommen sollen. Umweltorganisationen wie Germanwatch oder Oxfam kritisieren, das Geld für die Anschubfinanzierung sei zum Großteil schon mehrfach versprochen worden, etwa für Artenschutz oder Entwicklungshilfe. Finanzquellen wie Steuern auf Flug oder Schiffsbenzin wurden gestrichen.

Schutz der Wälder

Entwicklungsländer werden aufgefordert, CO2-Emissionen durch Entwaldung und Waldzerstörung zu verringern. Der Waldverlust soll gestoppt und durch Aufforstung rückgängig gemacht werden. Die Industrieländer sollen dies angemessen unterstützen sowie die Rechte indigener Völker sowie den Schutz der Artenvielfalt berücksichtigen.

Wer Wald schützt, soll Geld bekommen. Jedoch ist auch hier noch unklar, woher die Mittel kommen – aus einem Fonds, den die Industriestaaten speisen, oder aber aus einem Zertifikatehandel.