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Städte und Verbände setzen Ein-Euro-Jobber gesetzeswidrig ein. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesrechnungshof. Handwerksfirmen entgehen deshalb Aufträge.

Sie müssen Fassaden reinigen, Umzüge städtischer Gesellschaften stemmen oder den Hausmeister ersetzen. In einem besonders absurden Fall wurden in Schwerin Arbeitslose als Sozialarbeiter der Awo eingesetzt, die anderen Arbeitslosen beim Gang zum Jobcenter helfen.

Gerade solche Arbeiten dürfen Ein-Euro-Jobber laut Gesetz nicht machen. Sie dürfen nichts tun, was Aufgabe der Stammkräfte wäre oder wofür eine Firma beauftragt werden müsste. So wollte die Politik verhindern, dass Ein-Euro-Jobber normale Arbeitsplätze verdrängen. Genau das geschieht aber, wie der Bundesrechnungshof belegt. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Finanznot der Städte und der Wettbewerbsdruck, unter dem auch Wohlfahrtsverbände stehen, zum Missbrauch von Arbeitslosen führen. Wer sie beschäftigt, spart nicht nur am eigenen Personal, sondern erhält auch eine Aufwandspauschale von durchschnittlich 237 Euro im Monat.

Stammpersonal entlasten

Dadurch entgehen Handwerksbetrieben Aufträge. Obwohl die Sachbearbeiter in den Jobcentern und Arbeitsgemeinschaften (Arge) darauf zum Teil ausdrücklich hingewiesen wurden, genehmigten viele die Jobs wider besseres Wissen.

Die Rechnungsprüfer benennen diese Missstände in einer „Mitteilung an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit”, die dieser Zeitung vorliegt. Die „Süddeutsche” zitierte bereits aus einem ähnlichen Schreiben an das Bundesarbeitsministerium: Darin wird kritisiert, dass 62 Prozent der Arbeitsgelegenheiten gegen die Vorschrift verstoßen, gemeinnützig, zusätzlich und wettbewerbsneutral zu sein. Das heißt: Ein-Euro-Jobber dürfen nur Dinge tun, die sonst niemand tun würde.

Bisher nicht veröffentlicht wurden einzelne Fälle. Von 249 im Bundesgebiet untersuchten Ein-Euro-Jobs verstießen 155 gegen die Regeln. Einige von ihnen lesen sich wie aus einer Anleitung für schlecht getarnten Klüngel.

So beantragte eine Stadt vier und erhielt von der Arge zwei Ein-Euro-Jobber für „den Umzug des städtischen Bauhofs”. Begründung: Weil es sonst nicht schnell genug ginge. Die Arge schickte Ein-Euro-Jobber in Kitas, Altenheime und Schulen, um „Stammpersonal zu entlasten”, so der Rechnungshof.

Lob ans Jobcenter

Ein Jobcenter bestückte Altenheime der Caritas mit Arbeitslosen und ließ sie dort „Kernaufgaben” des Stammpersonals verrichten: Essen zubereiten, Waschen, Putzen. Das offenbar fehlende Unrechtsbewusstsein der Caritas verdeutlicht ein dickes Lob im Bericht an das Jobcenter. Der Ein-Euro-Jobber sei „bereits nach sechs Wochen in der Lage, einen Bewohnerbereich als alleinige Reinigungskraft zu übernehmen”. Dazu muss man wissen: Das Caritas-Heim erhält Geld dafür, dass es sich um den Arbeitslosen „kümmert”, tatsächlich ersetzte es eine professionelle Reinigungskraft mit ihm.

Es gibt Beispiele, in denen die Behörden wussten, dass die Ein-Euro-Jobber zur Entlastung städtischer Haushalte missbraucht wurden, aber nichts unternahmen. So mahnte eine Arge die Stadt an, dass die Kommune ein Gebäude ausschließlich von Ein-Euro-Jobbern reinigen lasse, was nicht erlaubt sei. Bei der Mahnung blieb es, mehr noch: Bald wurde Verstärkung weiterer Arbeitsloser geschickt.

Die Arge Schwerin (in allen anderen Beispielen sind die Namen geschwärzt) überließ der Arbeiterwohlfahrt (Awo) zwei Ein-Euro-Jobber als „Sozialassistenten”. Ihre Aufgabe: Arbeitslosen helfen, etwa durch: Erkennen der Problemlagen, Erarbeiten einer Zielstellung und „Zusammenarbeit mit den Fallmanagern der Arge zur Bewältigung der Probleme”. Ein Arbeitsloser als Arbeitslosenberater.