Essen.

Noch gibt es kein Endlager für radioaktive Abfälle in Deutschland. Doch sicher ist: Das Geschäft mit der Entsorgung des Atommülls hat Zukunft. Betriebsbesuch bei der nuklearen Müllabfuhr.

Das Bundesumweltministeriumschätzt, dass bis 2040 insgesamt über 300 000 Kubikmeter entsorgt werden müssen. Wohin, darüber wird gestritten. Wie, darüber gibt es Verträge. Wie also soll es funktionieren, das „Unternehmen Endlager“? Kann man mit Atommüll Geld verdienen? Und wer bezahlt wofür?


Peine, Niedersachsen.

Kaum jemand kennt sie, doch es gibt sie seit 31 Jahren: die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlager, für Abfallstoffe mbH, kurz DBE. Gäbe es ein „Unternehmen Endlager“, dann käme es aus Peine. Alle relevanten Endlager-Arbeiten landen bei der DBE. Die Gesellschaft ist von der Bundesregierung mit der Planung, Errichtung und dem Betrieb von Endlagern beauftragt. „Technischer Erfüllungsgehilfe“ heißt das. Konkret bedeutet das: Das Bundesamt für Strahlenschutz erteilt den Auftrag und bezahlt, die DBE führt aus. 2,36 Milliarden Euro waren die Aufträge wert, die DBE in den vergangenen Jahren in den Endlagern Schacht Konrad und Morsleben sowie im Erkundungsbergwerk Gorleben durchführte.

Wer aber ist die DBE? Einst war sie ein Staatsunternehmen, nun ist sie zu 75 Prozent in der Hand der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) in Essen. Die wiederum gehört den vier Energiekonzernen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall. Die restlichen 25 Prozent halten die Energiewerke Nord (EWN) – ein bundeseigenes Unternehmen, das sich auf den Abriss von Kernkraftwerken spezialisiert hat. Die EWN sind Rechtsnachfolger des früheren DDR-Kombinats Kernkraftwerke „Bruno Leuschner“. Heute gehört das Unternehmen dem Bundesfinanzministerium.

Die Entsorgung des Atommülls ist ein Geschäft, das sich für die DBE rechnet. Als GmbH ist sie dazu verpflichtet, Gewinne zu erzielen. Das ermöglichen die Verträge, die der Bund mit der DBE abgeschlossen hat. Sie garantieren den Endlager-Spezialisten sichere Umsätze und Gewinnmargen, die nach Auskunft der Bundesregierung zwischen 1,5 und 3,25 Prozent liegen. Dieses Geld wird auf die nachgewiesenen Selbstkosten aufgeschlagen. In anderen Worten: Die Atomwirtschaft liefert das technische Know-how, sie verdient aber gleichzeitig an der Entsorgung des Mülls, den sie mit verursacht. Die Konzerne holen sich so zumindest einen Teil der Abfallgebühren zurück, die sie für die Endlagerung des Atommülls bezahlen müssen. Die Verträge sind faktisch unkündbar.


Salzgitter, Bundesamt für Strahlenschutz.

Hier arbeiten, salopp gesagt, die Buchhalter im „Unternehmen Endlager“. Das BfS verschickt Kostenbescheide. Aufgabe der Behörde ist es auch, den Verursachern die Kosten für Errichtung, Betrieb und Stilllegung eines Endlagers in Rechnung zu stellen. Abfallverursacher müssen einmal jährlich, zur Mitte des Jahres, eine Vorausleistung zahlen, am Ende des Jahres wird abgerechnet – fast so wie bei der Heizkostenabrechnung durch den Vermieter.

Die wirklichen Kosten der Endlagerung aber kann die Regierung schwer abschätzen, wie Beispiele der Vergangenheit zeigen. Weil die Planungen für Endlager Jahrzehnte dauerten, aber noch nicht alle Baukosten dem aktuellen Stand angepasst wurden, gibt es Kostensteigerungen.

Schacht Konrad etwa wird aktuell zu einem Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ausgebaut. Bis Ende 2007 wurde fast eine Milliarde Euro verbaut, das BfS rechnet mit weiteren 1,6 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Konrad soll, so der Zeitplan der DBE, 2019 in Betrieb gehen. Wie viel dann die Einlagerung eines Kubikmeters Müll kosten wird, ist unklar. „12 000 DM, so hieß es in Konrad einmal vor vielen Jahren“, sagt Wolfgang Neumann, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft Intac.


Gorleben, Niedersachsen.

Hier hat die Energiewirtschaft bis zum Erkundungsstopp im Jahr 2000 rund 1,3 Milliarden Euro investiert. Seitdem kostete es jährlich 20 Millionen Euro, um den Salzstock „in Schuss“ zu halten. Doch ob hier einmal Deutschlands Endlager für hoch radioaktive Abfälle in Betrieb gehen wird, ist weiter unklar. Die Bundesregierung kann nicht einmal eine Kostenabschätzung darüber abgeben, wie teuer dieses Endlager einmal wird.

Fest steht, dass in zwei anderen Fällen die Steuerzahler zur Kasse geben werden. Die Stilllegungen des früheren DDR-Endlagers Morsleben sowie des einsturzgefährdeten Salzstocks Asse bei Wolfenbüttel könnten über sechs Milliarden Euro kosten – bezahlt mit Steuergeld.