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Er ist die Allzweckwaffe, wenn es um wissenschaftliche Themen geht. Der Journalist und Physiker Ranga Yogeshwar erklärt im Fernsehen die Welt. Im Interview mit DerWesten spricht er über Atomkraft, Solarstrom und die „Innovation City Ruhr“.
Ranga Yogeshwar, der Moderator von „Quarks & Co“, definiert sich selbst als jemanden, der versucht, Menschen Wissen auf einfache Weise zu vermitteln. In der Atommülldebatte hat er auf die weitreichenden Folgen der Kernenergie verwiesen. Denn Atommüll, der heute anfällt, strahle noch 40 000 Generationen lang, so der Physiker.
Herr Yogeshwar, sehen Sie sich als Protagonisten der Anti-Atomkraftbewegung?
Ranga Yogeshwar: Nein, denn ein Großteil der Atomkraftgegner geht ideologisch an das Thema heran. Ich habe in diesem Bereich andere Erfahrungen, weil ich lange in einem Forschungsreaktor gearbeitet habe. Deswegen versuche ich immer zu schauen, wo es Chancen, Risiken und Probleme gibt. Und da sehe ich sehr konkrete Argumente gegen die deutsche Atompolitik.
Und die wären?
Yogeshwar: Die Politik ist sehr bemüht, ein Endlager für Atommüll zu finden, um das Problem ein für alle Mal zu lösen. Man darf aber nicht vergessen, dass sich die Geologie im Laufe der Erdgeschichte verändert. Es wäre klüger, Lager zu schaffen, bei denen in einigen hundert Jahren Umschichtungen des Mülls möglich sind. Das wäre zumindest sicherer, als den hochradioaktiven Abfall in der Zwischenzeit in Hallen zu lagern, die dafür nicht geeignet sind. Zudem müssen geologische Gutachten von finanziellen Interessen entkoppelt werden. Die Politik sucht nicht nach Alternativen, weil sie in die Erforschung von Gorleben bis dato schon 1,4 Milliarden Euro investiert hat.
Im Gegensatz zur Kernenergie sind Ressourcen wie Öl, Gas oder Kohle endlich. Wie lange werden wir diese Energieträger noch nutzen können?
Yogeshwar: Die größte förderbare Ölmenge wird vermutlich noch in diesem Jahrzehnt erschöpft sein. Die Katastrophe am Golf von Mexiko verdeutlicht das Problem: Das Öl, nach dem dort gebohrt wurde, stammt aus einer Meerestiefe von sieben Kilometern. Vor dem Hintergrund wachsender Weltwirtschaften wie China und Indien werden wir weltweit schon bald ein Ressourcenproblem haben. Und bei Kohle werden wir auf ähnliche Schwierigkeiten wie bei Kernenergie stoßen. Die Frage wird dann sein: Wohin mit dem CO2?
An Erneuerbaren Energien führt also kein Weg vorbei. Aber werden die in Deutschland ausreichend gefördert?
Yogeshwar: Leider nur teilweise. Die Förderung der Photovoltaik ist in Deutschland meiner Meinung nach schlicht falsch. Hier müssten wir gezielt auf Zusammenarbeit mit Spanien, Portugal und Frankreich setzen, wo die Sonne öfter und intensiver scheint. Wenn zudem noch Solardächer auf Häusern installiert und finanziert werden, die nicht energetisch isoliert sind, dann ist das nicht nur absurd, sondern reine Subventionspolitik. Und die zahlt jeder von uns mit!
Stichwort Solarstrom. Nutzen Sie Erneuerbare Energien?
Yogeshwar: Ich habe mein Haus selbst komplett energetisch saniert. Dabei habe ich auch ein System entwickelt, das die Wettervorhersage mit einbezieht. Wenn die Sonne scheint, muss die Heizung nicht anspringen, weil der Solarkollektor das Wasser umsonst erwärmt. Das ist einfach, aber extrem effektiv. Das System läuft jetzt seit einem Jahr und ich bin ganz stolz. Denn allein über die Solaranlage habe ich gut dreieinhalb Tonnen CO2 eingespart. Trotzdem wird es noch sehr lange dauern, bis sich das Ganze rentiert. Rechnungen, die etwas anderes versprechen, sind schlichtweg falsch.
Zurück zur Politik: Wie können neue Technologien noch vorangetrieben werden?
Yogeshwar: Windparks müssen dorthin gebaut werden, wo auch Wind bläst! Außerdem müssen wir unsere Energienetze umbauen. Dank Windenergie und Photovoltaik gibt es viele Energielieferanten. Wir brauchen also neue Stromnetze, die für kleine Einspeisungen besser geeignet sind. So etwas ist allerdings europaweit mit gewaltigen Investitionen verbunden. Eine Energiewende zum Nulltarif wird es eben nicht geben!
Die Stadt Bottrop arbeitet als „Innovation City Ruhr“ auf eine solche Energiewende hin. Dort soll der CO2-Ausstoß bis 2020 um die Hälfte reduziert werden. Können solche Projekte wegweisend sein?
Yogeshwar: Ich glaube, es wird eine Vielzahl von kleinen Maßnahmen wie diese geben. Das kommunale Engagement wird zunehmen. Veränderung kommen dann von beiden Seiten: Von oben und von unten.