Washington. .
US-Präsident Barack Obama verurteilt den Angriff Nordkoreas auf Südkorea aufs Schärfste. Inzwischen sind 75 Kampfflugzeuge der US-Armee mit 6000 Mann Besatzung zur Verstärkung nach Südkorea aufgebrochen.
Nach dem Beschuss einer südkoreanischen Insel durch Nordkorea ist am Mittwoch ein US-Flugzeugträger zu Militärübungen mit Südkorea in See gestochen. Die atombetriebene USS George Washington mit 75 Kampfflugzeugen und mehr als 6000 Mann Besatzung habe ihren Marinestützpunkt südlich von Tokio verlassen, sagte ein US-Sprecher in Seoul. Geplant sei die Teilnahme an Übungen mit Südkorea von Sonntag bis kommenden Mittwoch. „Diese Übung ist defensiver Natur“, teilten die US-Streitkräfte mit. Sie sei bereits vor der „grundlosen Artillerieattacke“ vom Vortag geplant gewesen. „Sie beweist die Stärke der Allianz von Südkorea und den USA und unser Bekenntnis zu regionaler Stabilität durch Abschreckung.“
Präsident Barack Obama zeigte sich am Dienstag empört über den nordkoreanischen Angriff auf eine südkoreanische Insel und verurteilte ihn als weitere Provokation. Washington sicherte Seoul vollen Rückhalt zu.
USA haben mehr als 29.000 Soldaten in Südkorea
„Südkorea ist unser Bündnispartner seit dem Korea-Krieg“, erklärte Obama in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC News und unterstrich, der Verteidigung des Bündnispartners verpflichtet zu sein. Die USA würden mit Südkorea „Schulter an Schulter“ stehen. Über einen möglichen militärischen Gegenschlag wollte er aber nicht spekulieren. Die USA haben mehr als 29.000 Soldaten in Südkorea stationiert.
Pjöngjang beschoss am Dienstag die südkoreanische Insel Yeonpyeong mit Artillerie und drohte mit weiteren Angriffen. Die südkoreanischen Streitkräfte erwiderten das Feuer. Die Regierung in Seoul kündigte bei einem neuerlichen Angriff einen „enormen Gegenschlag“ an. Dutzende Häuser gerieten in Brand; auf Fernsehbildern war zu sehen, wie dichter schwarzer Rauch von der Insel aufstieg. Nach südkoreanischen Militärangaben wurden zwei Soldaten getötet, 15 weitere und drei Zivilisten zum Teil schwer verletzt.
USA wollen mit China und Russland gemeinsam vermitteln
Obama telefonierte mit seinem südkoreanischen Kollegen, Lee Myung Bak, und erklärte die USA würden mit der internationalen Gemeinschaft in der Verurteilung des Angriffs zusammenarbeiten. Nordkorea müsse seine Provokationen beenden, die nur zu einer weiteren Isolation des Landes führe. Pjöngjang müsse das Waffenstillstandsabkommen von 1953 einhalten und seinen Verpflichtungen gemäß dem internationalen Gesetz nachkommen. Eine geplante gemeinsame Militärübung südkoreanischer und amerikanischer Truppen in den Gewässern westlich der Halbinsel vom 28. November bis 1. Dezember soll ungeachtet der jüngsten Konfrontation stattfinden.
Das US-Außenministerium hatte angekündigt, die Vereinigten Staaten würden sich wegen des Zwischenfalls mit China, Russland und Japan in Verbindung setzen, die an den Gesprächen über das nordkoreanische Atomprogramm beteiligt sind. Nordkorea hatte vor wenigen Tagen einem amerikanischen Atomexperten zufolge die Fertigstellung einer neuen Anlage zur Urananreicherung verkündet und neue bilaterale Gespräche mit den USA verlangt. Das Land steht vor einem dynastischen Führungswechsel. Der bevorstehende Winter dürfte Lebensmittel- und Stromknappheit bringen.
USA verfügen über wenig Druckmittel gegenüber Pjöngjang
Nordkorea hat in der Vergangenheit wiederholt mit atomarer Abschreckung gedroht und verfügt über ein riesiges stehendes Heer. Die USA haben kaum Druckmittel gegenüber Pjöngjang, da Nordkorea sowohl auf finanzieller als auch auf diplomatischer Ebene international weitgehend isoliert ist. Eine Hebelwirkung über Sanktionen wie beispielsweise gegenüber dem Iran gibt es daher nicht.
Die Regierung in Pjöngjang ließ sich auch von seinem engsten Verbündeten China nicht beeinflussen, der die internationale Besorgnis über die jüngste Eskalation zu teilen scheint und zu Besonnenheit aufrief. Beide Seiten müssten mehr zum Frieden und zur Stabilität auf der Halbinsel beitragen, forderte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking.
Das Gefecht am Dienstag begann südkoreanischen Angaben zufolge, nachdem die Truppen trotz einer Warnung des Nordens ein Manöver in der Region fortgesetzt hatten. Pjöngjang habe daraufhin die Insel Yeonpyeong beschossen, Südkorea reagierte mit der Entsendung von Kampfflugzeugen. Auf nordkoreanischer Seite könne es etliche Opfer geben, hieß es in Seoul. Das Militär des kommunistischen Nordens drohte laut der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA mit weiteren Angriffen, sollte der Süden die Seegrenze „auch nur um 0,001 Millimeter“ überschreiten.
Beide Staaten formell immer noch im Krieg
Nord- und Südkorea haben nach dem Koreakrieg kein Friedensabkommen geschlossen und befinden sich formal immer noch im Kriegszustand. Pjöngjang erkennt die von den Vereinten Nationen zum Kriegsende 1953 einseitig gezogene Seegrenze nicht an. In den vergangenen Jahren haben sich die beiden Seiten drei blutige Gefechte geliefert, zuletzt im November vergangenen Jahres. Im März spitzten sich die Spannungen nach dem Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs „Cheonan“ zu, bei dem 46 Seeleute ums Leben kamen. Internationalen Ermittlern zufolge wurde die „Cheonan“ von einem nordkoreanischen Torpedo versenkt. (dapd/rtr)