Düsseldorf. .
Nach der Genehmigung der ersten Gemeinschaftsschule spitzt sich der Streit um den neuen Schultyp zu. Der Philologenverband warnt vor einer „Atomisierung“ im Bildungswesen.
Nach der Genehmigung der ersten Gemeinschaftsschule in Nordrhein-Westfalen reißt die Kritik an dem Schultyp nicht ab. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Hans-Peter Meidinger, kritisierte die Einführung der Gemeinschaftsschule und warnte vor einer „Atomisierung und Chaotisierung“ der Schullandschaft. Statt das Schulsystem transparenter und einheitlicher zu gestalten und die Qualität der Abschlüsse zu sichern, schaffe „die Politik immer mehr Unordnung und Wildwuchs und nimmt massiven Qualitätsverlust in Kauf“, sagte Meidinger.
Den Schulfrieden „fahrlässig aufgekündigt“
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, warf der rot-grünen Landesregierung vor, den Schulfrieden „fahrlässig aufgekündigt“ zu haben. Der designierte FDP-Landesvorsitzende Daniel Bahr monierte, dass die Landesregierung längst überwunden geglaubte ideologische Strukturdebatten vom Zaun breche, um ihren alten Traum von der Einheitsschule durchzusetzen. Zugleich warf er aber auch dem langjährigen Koalitionspartner CDU „fehlende Reformbereitschaft in der Schulpolitik“ vor. Die strikte Ablehnung der rot-grünen Einheitsschulpläne durch die CDU habe zu der Wahlniederlage in NRW mit beigetragen, sagte Bahr der WAZ-Mediengruppe. „Wir sind bei den Landtagswahlen auch in Mithaftung genommen worden für Fehler und Versäumnisse der CDU-Schulpolitik. Es war für viele Bürger nicht überzeugend, den rot-grünen Einheitsschulplänen allein mit Veränderungsverweigerung zu begegnen. Das hat viele enttäuscht“, sagte Bahr. Die Liberalen seien hier fortschrittlicher. „Die FDP hatte sich mit der regionalen Mittelschule bereits geöffnet und flexible Lösungen für den Umgang mit rückläufigen Kinderzahlen entwickelt. Hier müssen wir weitermachen“, so Bahr.
Grüne weisen Kritik zurück
Die Grünen wiesen vor allem die Kritik von CDU-Fraktionschef Laumann zurück. „Die CDU hat bislang keine Lösung für den Rückgang der Schülerzahlen. Die Partei muss sich in dieser Frage bewegen“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Reiner Priggen. Es gehe nicht darum, in die Struktur des Gymnasiums einzugreifen, sondern angesichts der erwarteten rückläufigen Schülerzahlen neue Bildungskonzepte zu entwickeln und anzubieten.
Am Mittwoch hatte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) im münsterländischen Ascheberg die erste Gemeinschaftsschule genehmigt. Laut der Ministerin gibt es derzeit rund 50 Kommunen, die Interesse an der Einrichtung einer solchen Schule haben. Weitere Genehmigungen sollen im kommenden Jahr erteilt werden. Mit dem neuen Schultyp, der zunächst im Rahmen eines Schulversuchs erprobt wird, sollen längeres gemeinsames Lernen sowie eine wohnortnahe Schulversorgung in verschiedenen Bildungsgängen sichergestellt werden. Laut Löhrmann ist der Schulversuch auf sechs Jahre angelegt. (dapd)