Brüssel/Dublin. .
Irland gibt seinen Widerstand gegen die EU-Hilfe auf. Nun soll zusammen beraten werden, wie Irland die Bankenkrise meistern kann. Sollte Irland das Problem nicht in den Griff bekommen, befürchten Experten eine Ausweitung der Krise.
Irland hat den Widerstand gegen EU-Hilfe in der Schuldenkrise aufgegeben und wird möglicherweise nun doch unter den europäischen Schutzschirm schlüpfen. Ministerpräsident Brian Cowen lehnt Hilfe nicht länger rundweg ab. Er sagte am Mittwoch in Dublin, Kredithilfe werde aber nicht ohne Vorbereitung beantragt. Großbritannien erklärte sich bereit, eine Rettungsaktion der Euro-Länder zu unterstützen. Als ersten Schritt zur Nutzung des Schutzschirms akzeptierte Irland, mit einer Expertengruppe von EU, IWF und EZB den Sanierungsbedarf des Bankensystems zu ermitteln.
„Ich kann mir kaum vorstellen, dass Irland keine Hilfe von außen braucht“, sagte der finnische Finanzminister Jyrki Katainen in Brüssel beim Treffen der EU-Ressortchefs. Bereits am Donnertag sollen Gespräche mit der EU-Kommission, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) darüber beginnen, wie das hoch verschuldete Irland die Bankenkrise in den Griff bekommen kann.
Deutsche-Bank-Chef Ackermann besorgt
Ein Hilfsantrag an den Rettungsschirm von EU, IWF und Euro-Ländern über insgesamt 750 Milliarden Euro Kreditgarantien ist nach Einschätzung von EU-Diplomaten dann nur noch eine Frage der Zeit. Es sei nichts entschieden, doch der Prozess werde schnell abgeschlossen, sagte Katainen. „Nach einigen Tagen oder Wochen wissen wir mehr.“ Der irische Finanzminister Brian Lenihan sagte dem irischen Radiosender RTE, es sei noch nicht sicher, ob Irland tatsächlich Geld brauche oder ob es ausreiche, starken finanziellen Rückhalt zu demonstrieren.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hat vor einer Ausweitung der Irland-Krise gewarnt. „Ein Ausbrechen irgend eines Staates an den Märkten würde jetzt zur Ansteckung führen“, sagte er am Mittwoch am Rande eines EU-Finanzministertreffens. Das gelte es „mit allen Mitteln“ zu vermeiden.
Im Gespräch sei auch eine Beteiligung Großbritanniens, sagte EU-Finanzkommissar Olli Rehn. Schließlich seien der Banken- und Finanzsektor beider Länder eng miteinander verbunden. Großbritannien nimmt nicht am Euro-Rettungsschirm teil, da es nicht zur Euro-Zone gehört. Über den Anteil der EU-Kommission am Rettungsschirm ist Großbritannien allerdings bereits indirekt beteiligt. Britische Banken sind mit knapp 150 Milliarden Dollar am stärksten in irischen Staatsanleihen engagiert vor den deutschen Banken mit 138 Milliarden Dollar. Der britische Schatzkanzler George Osborne sagte, seine Regierung sei bereit, Irland zu unterstützen, um Stabilität zu schaffen. Es sei in Großbritanniens nationalem Interesse, dass die irische Wirtschaft erfolgreich sei und ein stabiles Bankensystem habe.
Anleger flüchten in deutsche Staatsanleihen
Einige Krisenbanken in Irland hängen praktisch am Tropf der EZB, die die Geldinstitute mit frischem Geld versorgt. Doch die EZB kann diese Art der Refinanzierung nicht auf Dauer aufrechterhalten. Einige Euro-Partner und auch die EZB drängen die Regierung in Dublin deshalb dazu, Hilfe aus dem Rettungstopf anzufordern. Irland hatte bisher einen Hilferuf an seine europäischen Partner nicht für nötig gehalten, obwohl Spekulationen über die Schwäche des Euro-Landes die Zinsen seiner Staatsanleihen in die Höhe getrieben haben. Die Regierung will kurz vor einem wichtigen Nachwahltermin am 25. November nicht als Bittsteller in Brüssel vorstellig Cowen bekräftigte, es werde keinen „Bail-Out“ geben. Dieses Wort sei herabsetzend.
Die weiterhin unklare Lage im irischen Schuldendrama trieb die Anleger am Rentenmarkt in deutsche Staatsanleihen. Die Risikoaufschläge irischer, griechischer, portugiesischer und italienischer Staatsanleihen zur Bundesanleihe stiegen weiter. Auch auf dem Euro lastete die Unsicherheit über die Finanzlage der Euro-Staaten. Von der Flucht aus Anleihen konnten jedoch die Aktienmärkte profitieren. Dort herrschte die Gewissheit, dass Irland nicht fallengelassen werde, sagte Marktstratege Jörg Rahn von Marcard Stein & Co.
Forderungen aus Deutschland, seine relativ niedrige Körperschaftssteuer zu erhöhen, lehnte Irland. Die Regierung in Dublin die Höhe der Unternehmenssteuer selbst fest, sagte Finanzminister Brian Lenihan in einem Interview mit dem staatlichen Sender RTE. In der EU-Grundlagenvereinbarung ist die Steuerhoheit der Mitgliedsstaaten festgeschrieben. Mehrere EU-Staaten halten den niedrigen Steuersatz Irlands für eine Wettbewerbsverzerrung. (rtr/dapd)