Brüssel. .

Die Sicherheit im europäischen Luftfrachtverkehr - im Augenblick „ein Zuständigkeits-Wirrwarr“, sagt Innenminister Thomas de Maizière. Mit seinen Amtskollegen will er das System reformieren.

Die EU-Mitgliedsländer wollen an der Verbesserung der Sicherheit im Luftfrachtverkehr arbeiten. Bis zum Treffen der Verkehrsminister am 2. Dezember soll eine hochrangig besetzte Arbeitsgruppe aus Abgesandten der Innen- und Justizministerien gemeinsam mit den entsprechenden Ressorts innerhalb der EU-Kommission konkrete Vorschläge erarbeiten. Ob die Industrie beteiligt werden wird, ist noch unklar: „In Deutschland machen wir das bereits“, sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Auf europäischer Ebene liege die Entscheidung aber beim derzeitigen belgischen Vorsitz der EU.

In seiner Abschlusserklärung verkündete de Maizière zwar, seine eigenen Vorschläge zur Verschärfung der Regeln seien auf Zustimmung gestoßen. Das klang aus dem Munde der Franzosen allerdings anders: De Maizières Vorschlag einer „schwarzen Liste“ für unsichere Transitstaaten wies der französische Einwanderungsminister Eric Besson als inakzeptabel zurück. De Maizière ruderte bereits merklich zurück und sprach von einem „risikobasierten Ansatz“, es sei unmöglich, alles Frachtgut zu kontrollieren. Vor der Zusammenkunft mit seinen europäischen Kollegen hatte er noch mitgeteilt, Europa dürfe sich die Überprüfung ruhig etwas kosten lassen: „Es gibt keine Sicherheit, die umsonst ist.“

Seitenhieb gegen Verkehrsminister Ramsauer

Auch einen Seitenhieb auf seine deutschen Kabinettskollegen konnte sich de Maizière nicht verkneifen: „Es bestand Klarheit darüber – bei unserem Rat – dass es ein Zuständigkeits-Wirrwarr und ein Zuständigkeits-Durcheinander gibt.“ Die Spitze richtete sich wohl vor allem gegen Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der sich in den vergangenen Tagen ebenfalls an der öffentlichen Diskussion beteiligt hatte und dabei im Gegensatz zu de Maizière vor einer zu starken Verschärfung der Regeln gewarnt hatte.

Das Thema Luftfracht war durch eine Serie verhinderter Paketbomben-Anschläge auf die Agenda gerutscht. Am 29. Oktober waren an Bord zweier Flugzeuge Bombensendungen aus dem Jemen entdeckt worden, die auf dem Weg zu jüdischen Einrichtungen in den USA waren. In den folgenden Tagen tauchte eine ganze Serie von Paketen auf, die aus Griechenland kamen und an europäische Staats- und Regierungschefs adressiert waren. Eins davon schaffte es immerhin ins deutsche Bundeskanzleramt.

Häufig nur stichprobenartige Kontrollen

Das derzeitige Kontrollsystem in Europa geht auf EU-Gesetze aus den vergangenen beiden Jahren zurück. Demnach muss Ladung, die aus EU-Mitgliedsländern unterwegs ist, überprüft werden. Bei so genannten „bekannten Versendern“, als geprüften Frachtunternehmen, finden nur noch stichprobenartige Kontrollen statt. Probleme gibt es allerdings mit der Umsetzung der strikten europäischen Vorschriften: So setzen nicht alle Staaten die Regelungen gleichermaßen sorgfältig um, außerdem gibt es keinerlei Vorkehrungen für Fracht aus Drittstaaten. Mehr als die Hälfte des Versandguts fliegt weltweit in Passagiermaschinen mit.

Branchenverbände zeigten sich angesichts der laufenden Debatte besorgt. So warnte die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), „uferlose Nachkontrollen beim Umladen“ seien „mit der zeit- und preissensiblen Luftfahrtbranche nicht vereinbar.“ Bedenken, die auch in der Politik Widerhall fanden. So warnte am Freitag auch EU-Verkehrskommissar Siim Kallas vor explodierenden Kosten und möglichen negativen Folgen für die Wirtschaft. Auch das deutsche Verkehrsministerium fürchtet Nachteile für die heimische Wirtschaft.

De Maizière nahm die Brüsseler Zusammenkunft zum Anlass, auch erneut vor Terrorgefahr in Europa zu warnen. „Es gibt Grund zu Sorge und Wachsamkeit“, sagte der Minister, auch wenn es „keine konkrete Spur“ gebe. Bürger seien aufgerufen, Verdächtiges der Polizei zu melden.