Brüssel. .

Wer per Flugzeug verreist, sollte sich morgens ein paar Minuten mehr vor dem Kleiderschrank gönnen. Schließlich kann es gut sein, dass man als Passagier die Sicherheitsschleuse auf Socken durchschreitet und dass fremde Hände Stoffschichten durchtasten. Das macht man mit, weil’s sein muss, vielleicht auch, weil man hofft, dass Zeitgenossen mit Sprengstoffgürtel und Explosiv-Unterwäsche im Sicherheitsnetz hängen bleiben.

So war das bis vor etwa zehn Tagen. Seitdem kann man sich fragen, wozu der ganze Aufwand nötig ist, wenn in der gleichen Maschine möglicherweise unkontrollierte Fracht aus wackeligen Drittstaaten mitfliegt.

Denn am 29. Oktober wurden an Bord zweier Flugzeuge Bombensendungen aus dem Jemen entdeckt, die auf dem Weg zu jüdischen Einrichtungen in den USA waren. In den folgenden Tagen tauchte eine ganze Reihe explosiver Pakete auf, unter anderem im deutschen Kanzleramt.

Spätestens seit dieser Serie vereitelter Anschlagsversuche ist allen klar: Luftfracht wird weniger strikt kontrolliert als Passagiere und Gepäck. Das ist zwar noch kein Grund zur Flugangst, der Luftweg dürfte auch inklusive Anschlagsgefahr noch sicherer sein als die deutsche Durchschnitts-Autobahn.

Verdächtig ist allerdings, wie beredt einzelne Politiker nun vor wirtschaftlichen Verlusten durch verschärfte Kontrollen warnen. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas mahnte am Freitag, man müsse „auch die Wirtschaft am laufen halten.“ Aus dem deutschen Verkehrsministerium kamen ähnlich besorgte Töne, die dem „Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“ galten.

Es nimmt schon Wunder, dass stets die Sicherheit Vorrang hat, wenn Fluggästen Ungelegenheiten drohen. Ein Ärgernis sind etwa die Vorgaben zum Flüssigkeitstransport im Handgepäck, denen im Zweifelsfall Parfüm, Zahnpasta und Kontaktlinsen-Reiniger zum Opfer fallen. Erst 2013 sollen die Regelungen auslaufen, in der Hoffnung, dass bis dahin ausreichende Kontrollmethoden installiert sind. Den Reisenden wird einiges zugemutet im Namen der Sicherheit. Denn durchleuchtete Passagiere haben, im Gegensatz zu verspäteten Containern, keine starke Lobby.

Es ist sehr bedauerlich, dass der deutsche Innenminister Thomas de Maizière nach dem Treffen mit seinen europäischen Kollegen offenbar bereits umschwenkte und von einem „risikobasierten Ansatz“ sprach anstatt von Sicherheit, die auch einmal etwas kosten dürfe, wie noch kurz zuvor. Bei aller Besorgnis um den ungehinderten Handel: Für Fracht, die im Bauch von Passagiermaschinen mitfliegt, sollten die gleichen strengen Maßstäbe gelten wie für Fluggäste und ihr Gepäck. Ansonsten kann man auch das Passagier-Filzen am Flughafen einstellen.