Berlin. .
Innenminister de Maiziere hatte Angela Merkel nicht über die Sprengsätze informiert, weil er von einem Fehlalarm ausgegangen war. Die Kanzlerin erfuhr von den Bomben erst über Dritte - und reagierte sauer.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat nach eigenen Worten Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) Ende Oktober zunächst nicht über den Transport einer Paketbombe aus dem Jemen über Deutschland unterrichtet. Er selbst sei zwar davon informiert gewesen, dass ein Sprengsatz aus dem Jemen nach Köln/Bonn und von dort weiter nach Großbritannien transportiert worden sein solle, sagte de Maizière der Zeitung „Bild am Sonntag“ (Onlineausgabe). „Aufgrund der uns vorliegenden Informationen der Briten mussten wir zum damaligen Zeitpunkt davon ausgehen, dass es sich um einen Fehlalarm handelt“, fügte er hinzu. Die Kanzlerin wurde vorerst nicht informiert. „Wir wollten belastbare Ergebnisse abwarten“, sagte de Maizière.
Die Einzelheiten über den mehrstündigen Aufenthalt der Bombe auf dem Weg von Jemen nach England auf dem Flughafen Köln/Bonn habe Merkel erst am Samstagabend vor einer Woche vom britischen Premierminister David Cameron bei einem Treffen erfahren, berichtete die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ unter Berufung auf Regierungskreise. De Maizière habe demnach selbst nicht über die vollständigen Informationen verfügt und die Brisanz des Vorfalls unterschätzt. Die Bundeskanzlerin habe sehr verärgert reagiert, ihren Innenminister zur Rede gestellt und ihn für die fehlende Unterrichtung kritisiert.
Nachdem die britische Polizei am Samstag die Umladung des Sprengsatzes auf dem Flughafen Köln/Bonn bekannt gegeben hatte, behaupteten Innenministerium und Bundeskriminalamt, sie hätten diese Information aus ermittlungstaktischen Gründen zurückgehalten, wie es in dem Bericht weiter hieß. In Regierungskreisen werde das jedoch als Ausrede gewertet, um die internen Kommunikationspannen im Innenministerium und den Sicherheitsbehörden zu verschleiern. Später habe es von deutscher Seite geheißen, die britische Regierung habe mit ihrem Vorpreschen die Ermittlungen erschwert.
Mehr Sicherheit - höhere Kosten
Innenminister de Maiziere betonte in seiner Stellungnahme, dass verschärfte Sicherheitsvorkehrung für Luftfracht nicht zum Nulltarif zu haben seien. „Erhöhte Sicherheitsaufwendungen im Frachtverkehr muss in erster Linie die Wirtschaft tragen. Da solche Kosten aber umgelegt werden - denken Sie an die Luftsicherheitsgebühr an den Flughäfen- könnte es sein, dass am Ende die Fracht teurer wird“, sagte er. Bei der Abwägung zwischen Sicherheit und Handel habe die Sicherheit klar Vorrang. Die Welt gehe nicht unter, falls etwa frischer Fisch aus dem Jemen nicht mehr nach Deutschland geliefert werde.
De Maizière forderte die Logistikunternehmen auf, Kunden die exakte Nachverfolgung ihrer Fracht künftig zu verwehren. „Bisher waren alle davon ausgegangen, dass Frachtgut für Attentatsversuche nicht so gefährdet ist, weil Terroristen nicht wissen konnten, in welchem Flugzeug und auf welchem Weg eine Bombe transportiert würde und wann sie wo ankommt“, sagte er. Heute seien die Unternehmen dagegen stolz darauf, ihren Kunden jederzeit sagen zu können, wo ihre Fracht gerade ist. Aus Sicherheitsgründen halte er dies für einen schweren Fehler der geändert werden müsse. (dapd)