Berlin. .

Während der Castor-Transport von Frankreich auf Deutschland zurollt, fordert SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Kanzlerin Merkel und die Chefs der vier AKW-Betreiber zur Diskussion mit den Atomkraft-Gegnern auf.

Vor der Ankunft des neuesten Atommülltransports in Deutschland fordert SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Chefs der vier Atomkraftwerksbetreiber in Deutschland zu einer Diskussion mit den Anti-Atomkraft-Demonstranten in Gorleben auf. „Frau Merkel und ihre vier Freunde sind es, die einen gesellschaftlichen Großkonflikt wieder eröffnet haben, der durch den Atomausstieg längst befriedet war“, sagte Gabriel am Samstag. Der niedersächsische Verfassungsschutz rechnete mit einer hohen Zahl gewaltbereiter Demonstranten. Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin sagte, er erwarte friedliche Proteste.

Der Sonderzug mit 123 Tonnen hochradioaktivem Atommüll hatte am Freitagnachmittag den französischen Bahnhof Valognes verlassen. Der Castor-Zug soll eine Strecke von etwa 1.500 Kilometern zurücklegen und am Montag das Atommülllager Gorleben in Niedersachsen erreichen.

Gabriel kritisierte, ein Atommüllendlager in Gorleben solle gegen alle Bedenken durchgesetzt werden, weil sonst für die längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke der Entsorgungsnachweis für den Atommüll fehle. „Wer diesen Wahnsinn verantwortet, der kann sich jetzt nicht hinter den Polizisten verstecken“, sagte er. Zugleich äußerte der SPD-Chef die Erwartung, dass Bundespräsident Christian Wulff das umstrittene Atomgesetz nicht unterschreibt. „Ich rechne damit, dass der Bundespräsident die gleichen Mängel wie der Bundestagspräsident erkennt und das Gesetz nicht unterschreibt, sondern zur Beratung an den Bundestag zurückgibt“, sagte er.

Einige hundert gewaltbereite Autonome erwartet

Niedersachsens Landesverfassungsschutzpräsident Hans-Werner Wargel sagte: „Wir gehen davon aus, dass einige hundert gewaltbereite Autonome die Castor-Proteste für ihre Zwecke missbrauchen wollen.“ Die Prognose liege etwa doppelt so hoch wie beim Transport 2008. „Hinzu kommen weitere, zum Teil linksextremistische Gruppen, die offensichtlich eine hohe Bereitschaft zu Straftaten haben“, sagte Wargel. Etwa 1.500 Menschen und mehr als 250 Gruppierungen hätten den Aufruf zum „Castor-Schottern“, also zum Unterhöhlen der Gleise, unterschrieben. Die linksextremistische Szene habe sich akribisch auf das Wochenende mit den sogenannten Castortransporten vorbereitet. Zudem kursierten seit Monaten Broschüren, in denen sehr professionell geschildert werde, wie man Brandbomben baue und Straftaten vorbereite. Wargel betonte, alle Experten seien sich einig, dass die ganz überwiegende Mehrheit im Wendland friedlich gegen die Kernenergie demonstrieren werde.

Trittin sagte, Gewalttaten wären dem Anliegen der Demonstranten in höchstem Maße schädlich. Grüne und Bürgerinitiativen verfolgten seit drei Jahrzehnten eine Strategie des fantasievollen, gewaltfreien Widerstands. Das sei der Schlüssel ihres Erfolgs. „Ich sehe keinen Grund, aber auch keine Anzeichen dafür, dass das jetzt anders sein sollte“, betonte Trittin. (dapd)