Dannenberg. .
Der Castor-Transport nach Gorleben ist angelaufen. Die Organisatoren des Protests erwarten 30.000 Atomkraftgegner. Tausende Demonstranten aus NRW werden dabei sein. Sie wettern auch gegen die Urantransporte nach Gronau.
Angesichts der Proteste gegen den Castor-Transport nach Gorleben fordern die Atomkraftgegner in Nordrhein-Westfalen Konsequenzen. Der Arbeitskreis Umwelt (AKU) in Gronau (Kreis Borken) forderte die rot-grüne Landesregierung am Freitag auf, „endlich gegen die ständigen Urantransporte von und in Gronau aktiv zu werden und auch für die Stilllegung der Urananreicherungsanlage zu sorgen“. Derzeit würden wöchentlich Transporte mit Uranhexafluorid von oder nach Gronau rollen, in LKW-Konvois oder in Sonderzügen mit bis zu etwa 20 Waggons.
An den Protesten gegen den bevorstehenden Castor-Transport von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins niedersächsische Atommülllager Gorleben wollen sich am Wochenende im Wendland allein 1.000 Grüne aus Nordrhein-Westfalen beteiligen. Auch Hunderte Atomkraftgegner aus dem Münsterland sind nach Niedersachsen gereist, um gegen den Castor zu demonstrieren.
123 Tonnen hochradioaktiver Atommüll
Der Castor-Transport ist unterdessen gestartet: Knapp zwei Stunden nach der Abfahrt haben Atomkraftgegner am Freitagnachmittag im nordfranzösischen Caen die erste Blockade errichtet. Das teilte die Polizei mit. Der Castor mit hoch radioaktivem Atommüll war gegen 14.20 Uhr vom Verladebahnhof Valogne zum deutschen Zwischenlager Gorleben gestartet. Die strahlende Fracht soll bis Sonntag rund 1.000 Kilometer quer durch Frankreich und Deutschland rollen.
Schon vor dem Start des Castor-Transports in Frankreich haben am Freitag erste Proteste am niedersächsischen Zwischenlager Gorleben begonnen. Atomkraftgegner legten in der Nacht einen großen Stein auf die für den Zug mit den Atombehältern vorgesehene Bahnstrecke, andere blockierten kurzzeitig eine Straßenkreuzung. Am Morgen demonstrierten 800 Schüler. Die Organisatoren des Protests und die niedersächsische Regierung mahnten sich gegenseitig zu friedlichem Vorgehen.
Am Montagmorgen soll der Zug das Atommülllager Gorleben erreichen. Die Organisatoren des Protests erwarten bis zu 30.000 Demonstranten im Kreis Lüchow-Dannenberg, wo Gorleben liegt. 16.500 Polizisten sollen für Sicherheit und Ordnung sorgen.
50 Millionen Euro für Polizeieinsatz
Wegen des riesigen Aufwands forderten die Deutsche Polizeigewerkschaft und der Steuerzahlerbund einen finanziellen Beitrag der Atomindustrie. „Wir fordern eine Sicherheitsgebühr von 50 Millionen Euro von den Atomkonzernen“, sagte der Polizeigewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt. Er verwies auf die Milliardengewinne der Atomindustrie. Die Entsorgung sei Teil ihrer Verantwortung.
Der Castor-Transport koste den Steuerzahler weit mehr als 50 Millionen Euro. Allein Niedersachsen entstünden für den Polizeieinsatz Sonderkosten von etwa 25 Millionen Euro für Unterkünfte, Verpflegung, Sachmittel sowie die anfallenden Überstunden der Polizisten.
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will sich die Sonderkosten des Landes bei der Bundesregierung zurückholen. Der Bund dürfe sich nicht vor den finanziellen Folgen der Pflicht zur Rücknahme des Mülls aus Frankreich drücken.
„Konsequent vorgehen“
Zu den erwarteten Protesten selbst sagte Schünemann, man sei ja „durchaus schon erprobt“, und es würden erheblich mehr Konfliktmanager eingesetzt. Man wolle das Demonstrationsrecht durchsetzen. Aber gegen Sabotageakte und unfriedliche Demonstrationen „müssen wir konsequent vorgehen“, sagte der CDU-Politiker.
Die Castor-Gegner forderten die Polizei zum vorsichtigen Einsatz auf. „Wir hoffen, dass die Polizei sich zurückhält“, sagte Wolfgang Ehmke, Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Ihn beunruhige allerdings, dass die Polizei angekündigt habe, sie sei zu jeder Gangart in der Lage. „Das lässt natürlich Schlimmes befürchten.“
Der Sprecher der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“, Jochen Stay, erklärte, inzwischen hätten sich 312 Reisebusse aus dem ganzen Bundesgebiet zur Demonstration am Samstag im Wendland angemeldet. Der Protest richte sich nicht allein gegen den Castor-Transport, sondern auch gegen das mögliche Atommüllendlager in Gorleben. Ziel sei die Stilllegung der Atomkraftwerke.
Am Donnerstagabend und in der Nacht zum Freitag gab es die ersten kleineren Protestaktionen. Die Polizei räumte in der Ortschaft Metzingen eine Blockade von rund 200 Atomkraftgegnern auf der Bundesstraße 216. Zudem mussten Beamte einen 20 mal 25 Zentimeter großen Stein von der Castor-Bahnstrecke holen. Auf dem Stein standen Parolen gegen den Transport, wie eine Sprecherin der Bundespolizei auf dapd-Anfrage sagte. Die Bahnstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg ist für den regulären Zugverkehr gesperrt. In Lüchow versammelten sich am Vormittag 800 Schüler unter dem Motto: „Je länger eure Laufzeiten, desto größer unser Zorn“. Die Schüler-Demonstration ist der traditionelle Auftakt der Anti-Castor-Aktionen im Wendland. (dapd)