Berlin. .

Der Fund eines an Kanzlerin Merkel adressierten Päckchens mit explosivem Inhalt wecken Befürchtungen vor einem ernsthaften Attentatsversuch. Sicherheitskreise sind sichtlich beunruhigt. Ist es griechische Rache an deutscher EU-Prominenz?

Bombenalarm im Zentrum der bundesdeutschen Politik: Der Fund eines an Kanzlerin Angela Merkel adressierten Päckchens mit explosivem Inhalt weckte an einem Tag, an dem Paketbomben-Attentate in Athen mehrere Botschaften in Atem hielten, auch in Berlin Befürchtungen vor einem ernsthaften Attentatsversuch.

Die Entdeckung und das schnelle Unschädlichmachen der explosiven Vorrichtung in der Poststelle des Bundeskanzleramtes in Berlin zeigte aber auch, dass die Zentrale der Macht besser gesichert ist als mancherorts vielleicht angenommen wird.

Wie in Athen

Der Vorgang erinnerte langjährige Mitarbeiter des Kanzleramtes, die teilweise durch anrufende Journalisten von der Angelegenheit erfuhren, an einen Vorfall aus dem Jahr 2001. Damals hatten Mitarbeiter in der Postverteilstelle beim Öffnen der Sendungen ein weißes Pulver unbekannter Herkunft entdeckt. In Amerika waren zuvor bei Medienunternehmen in Florida und New York Briefe eingegangen, die ein weißes Pulver enthielten, das mit dem Milzbrand-Erreger (oder Anthrax-Erreger) infiziert war. Eine Untersuchung durch das Robert-Koch-Institut ergab später: Trittbrettfahrer. Falscher Alarm.

Diesmal war es anders. Sichtlich beunruhigt zeigten sich Sicherheitskreise, weil mit „großer Wahrscheinlichkeit von einer realen Verletzungsgefahr ausgegangen werden muss“, wäre der in einem offenbar ausgeschälten Buch installierte Sprengsatz von einem arglosen Mitarbeiter in Gang gesetzt worden.

Autonome Links-Extremisten im Verdacht

Dass ein erster Verdacht nach Griechenland und dort zu autonomen Links-Extremisten führt, wird im Kanzleramt nicht abgestritten. Im Gegenteil. Innenminister Thomas de Maizière zog am Abend klare Parallelen zu den Paketbomben-Anschlägen auf Botschaften in Athen. In der griechischen Hauptstadt nahm die Polizei am Montag zwei Männer fest, bei denen Briefbomben mit Schwarzpulver gefunden worden waren.

Den Drahtziehern wird unterstellt, sie wollten sich an der EU-Prominenz rächen, die für die harten Einschnitte in Griechenland nach der Finanzkrise verantwortlich gemacht wird. Als ausgeschlossen gilt hingegen ein islamistischer Hintergrund. So hat, heißt es, die Berliner Paketbombe nichts mit den kürzlich entdeckten Bombensätzen aus dem Jemen zu tun.

Briefbombe an Kohl

Der Vorfall im Kanzleramt ist keine Premiere, schon öfter waren prominente Politiker Ziel eins Brief- oder Paketbombenanschlags. Zum Beispiel Hans-Jochen Vogel (SPD) im Jahr 1972. Die Bombe an den damaligen Münchner Oberbürgermeister explodierte nicht, weil der Zündmechanismus defekt war. Eine an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl adressierte Briefbombe ging 1995 in einem Postverteilamt bei Berlin in die Luft. Verletzt wurde niemand. So war es auch 2004, als in dem Büro des damaligen Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Hans-Gert Pöttering (CDU), ein Sprengsatz detonierte. Seinerzeit wurden italienische Anarchisten hinter der Tat vermutet.

Hausherrin Merkel bekam von der Bombe nur per Telefon etwas mit. Sie landete erst gegen 18 Uhr nach einer Visite in Belgien wieder in Berlin.