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Nur zehn Prozent der Luftfracht wird bisher kontrolliert. Dabei hatten die USA und auch die deutsche Lufthansa Cargo die Bundesregierung und die EU schon lange auf Gefahren hingewiesen.

Die Bundesregierung ist schon vor mehreren Jahren vor gravierenden Sicherheitslücken bei der Beförderung von Luft- und Seefracht ge­warnt worden, ohne dass der Staat wirksame Schritte zu mehr Sicherheit unternommen hat. Das größte deutsche Luftfrachtunternehmen, Lufthansa Cargo, schrieb 2006 in einem Positionspapier: „Terroristen sind lernfähig. Das Wissen, dass reine Frachter weniger gesichert sind, würde das Risiko erhöhen, dass sie für terroristische Zwecke genutzt würden.“

Dennoch gilt auch heute: An­ders als bei der Beförderung von Passagieren gibt es bei der Luftfracht kaum Si­cherheits-Checks. Allenfalls zehn Prozent werden im Schnitt durchleuchtet. Die EU hat in der Verordnung 2320 festgeschrieben: „Ladung, die auf reinen Frachtflügen befördert wird, muss nicht kontrolliert werden, wenn der Versender bekannt ist.“ Ein Zertifikat auf Papier reicht dafür. Auch die Luftfracht, die auf Passagiermaschinen mitbefördert wird – immerhin etwa 22 Prozent – wird kaum kontrolliert.

Wegen zu hoher Kosten abgelehnt

Hat die Bundesregierung nach den Ereignissen des 11. September 2001 überhaupt verstärkte Fracht-Sicherheitskontrollen politisch gewollt? Gut fünf Jahre nach dem An­griff auf das World Trade Center jedenfalls wehrte sie ge­meinsam mit der EU entsprechende US-Vorstöße ab. Da­mals formulierten die USA im „Gesetz zur Gewährleistung von Luft- und Seefracht“, dass alle Seefracht mit Ziel USA sowie alle mit Passagierflugzeugen beförderte Luftfracht in die Vereinigten Staaten auf den europäischen See- und Lufthäfen zu 100 Prozent durchleuchtet werden soll.

Die Antwort der Großen Ko­­alition auf eine entsprechende Bundestagsanfrage der FDP 2007: „Die Bundesregierung sieht in den zu erwartenden Auswirkungen des 9/11-Gesetzes eine unverhältnismäßige Belastung der ex­portierenden Wirtschaft ohne adäquaten Sicherheitsgewinn.“ Speziell lehnte sie die 100-prozentige Durchleuchtung der Fracht ab; dies verursache zu hohe Kosten. Sie kündigte an, mit der EU, Japan, China und Kanada den US-Vorstoß zurückweisen zu wollen. Zwischen den Zeilen wurde mit Hinweis auf die WTO-Welthandelsregeln zu­dem unterstellt, Amerika wolle so Importe behindern.

Drehkreuz Köln/Bonn

Käme es nach dem fehlgeschlagenen Attentatsversuch der letzten Woche zu schärferen Sicherheitsauflagen, wäre in NRW besonders Köln/Bonn betroffen. Er ist Deutschlands zweit- und Europas sechstgrößter Um­schlagplatz für Luftfracht. Ge­rade hat die Frachtflugfirma FedEx ihr Verteilzentrum vom Frankfurter Rhein/Main-Airport nach Köln-Wahn verlegt. Die automatische Verteilanlage kann 18 000 Pakete pro Stunde auf die richtige Tour schicken. Auch UPS hat in der Wahner Heide sein europäisches Drehkreuz eingerichtet. Die Umschlagmenge in Köln verdoppelte sich von 2000 bis zur Krise 2008 fast, von 423 000 auf 704 000 Tonnen.

Lufthansa Cargo sorgt in­zwischen selbst für höhere Si­cherheitsstandards. Sie installierte 1,80 Meter mal 1,80 Me­ter große Scanner für die Luftfrachtcontainer. Außerdem werden die Abfertigungshallen von Hunderten von Kameras überwacht, die verdächtige Vorkommnisse aufzeichnen sollen.

Das Unternehmen kostete das eine zweistellige Millionensumme – eine Investition, die andere Frachtfluggesellschaften, auch amerikanische, und der deutsche Staat offenbar scheuen.