Wiesbaden. .

Die deutsche Wirtschaft boomt, doch die Arbeitnehmer spüren davon noch herzlich wenig in den Lohntüten. Nach Berechnungen der Statistiker stiegen die Tariflöhne im Juli real nur um 0,1 Prozent.

Der Wirtschaftsboom in Deutschland hat sich in der ersten Jahreshälfte noch nicht im Geldbeutel der Beschäftigten bemerkbar gemacht. Die Monatsverdienste der Menschen in Deutschland lagen im Juli um 1,3 Prozent höher als im Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte. Das ist ein geringeres Plus als im Januar (2,3 Prozent zum Vorjahresmonat) und im April (plus 1,9 Prozent) gemessen wurde.

Da allerdings auch die Inflationsrate im Juli nur bei 1,2 Prozent lag, konnten sich die Menschen trotz der geringen Tarifsteigerungen etwas mehr leisten als noch ein Jahr zuvor. Grund für das geringe Lohnplus trotz Wirtschaftsbooms ist den Statistikern zufolge, dass im Juli noch die Tarifverträge galten, die zuvor in der Krise geschlossen worden waren. Damals hatte vor allem der Erhalt von Jobs im Vordergrund gestanden. Während die alten Tarifverträge zunächst noch weiter laufen, setzte der Aufschwung deutlich schneller ein als vermutet.

Moderate Tariferhöhungen in der Krise

Ein weiterer Grund für das eher niedrige Lohnplus im Juli ist den Statistikern zufolge, dass die hohen Tarifabschlüsse vor der Krise, die vielen Beschäftigten auch im Abschwung deutliche Lohnsteigerungen beschert hatten, in der ersten Jahreshälfte ausgelaufen waren. Das deutlichste Einkommensplus gab es im Juli im Handel mit 2,1 Prozent sowie in den Bereichen Verkehr und Information und Kommunikation mit jeweils plus 2,0 Prozent. Dies sind allesamt Branchen, die relativ wenig von der weltweiten Wirtschaftslage abhängen. In den Sektoren, die stark vom Export getrieben sind, gab es dagegen die geringsten Lohnzuwächse. So stiegen die Gehälter in der Industrie lediglich um 0,5 Prozent.

In vielen Branchen stehen im kommenden Jahr Tarifverhandlungen an. Gewerkschaften und auch Vertreter der Bundesregierung haben sich angesichts des anhaltenden Wirtschaftsbooms hierzulande für ein deutliches Lohnplus ausgesprochen. Bei den ersten Tarifverhandlungen nach der Krise in der Stahlbranche war das Plus mit 3,6 Prozent bereits relativ deutlich ausgefallen. (afp)