Berlin. .

Die Wirtschaft ist eindeutig im Aufwärtstrend, führende Arbeitgebervertreter lehnen dennoch Lohnerhöhungen für ihre Mitarbeiter ab. Das Argument: Der Aufschwung habe noch nicht alle Branchen erreicht.

Während Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gerade noch die Regel „Leistung muss sich lohnen“ betonte und damit Lohnerhöhungen das Wort redete, reagierten Arbeitgebervertreter ablehnend. Es gebe „keinen Spielraum für Lohnerhöhungen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Karl Robl, der „Bild“-Zeitung (Onlineausgabe) am Montag. „Am Bauhauptgewerbe ist der Aufschwung noch nicht angekommen. Betriebe müssen höhere Löhne erstmal verdienen. Können sie das nicht, müssen Arbeitsplätze abgebaut werden.“

Auch der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, sprach sich gegen ein spürbares Gehaltsplus aus. „Der Aufschwung hat noch längst nicht alle Sparten und Betriebe der Metall- und Elektroindustrie erfasst“, sagte er. Nach dem bisher tiefsten Absturz müssten erst einmal die Betriebe wieder zu Kräften kommen. „Weder Dividenden noch Lohnsteigerungen stehen jetzt im Vordergrund.“

„Ein Risiko für den Aufschwung“

Der Verband der Familienunternehmer (ASU) warnte sogar vor Konjunktureinbußen. ASU-Präsident Patrick Adenauer sagte: „Viele Unternehmen schaffen es gerade erst, die Kurzarbeit zu beenden und wieder Weihnachtsgeld zu zahlen. Insofern sind Lohnforderungen, die völlig undifferenziert gestellt werden, ein Risiko für den Aufschwung.“Auch Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder können in den anstehenden Tarifverhandlungen ab Januar offenbar nicht auf einen Gehaltszuwachs hoffen. Der Verhandlungsführer der Länder, Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), sagte der Zeitung: „Die Länderfinanzen bieten keinen Spielraum für Lohnerhöhungen.“ Es bestehe auch kein Nachholbedarf. „Das Lohnniveau bei den Ländern ist in den vergangenen Jahren gestiegen, während es in der freien Wirtschaft gefallen ist.“

Auch der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, lehnt Lohnerhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt ab. Das „geht erst in Zukunft wirklich flächendeckend los. Zurzeit noch nicht“, sagte er am Montag dem Sender MDR Info. Ab 2011/12 könne man über Lohnerhöhungen reden, wenn alles gut gehe und kein China- und kein Amerika-Problem entstehe. Es gebe aber auch Bereiche, die so gut verdienten, dass Lohnerhöhungen bereits heute möglich seien.

Kauder hält Plus für gerechtfertigt

Die Bundesregierung hatte in der vergangen Woche die Gewerkschaften angesichts des Konjunkturaufschwungs zu kräftigen Lohnforderungen ermuntert. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte, zwar entschieden die Tarifpartner über Lohnerhöhungen, aber es gelte die Regel: „Leistung muss sich lohnen.“ Auch der Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), sprach sich für höhere Gehälter aller Arbeitnehmer aus. „Ich habe vor einigen Tagen gesagt, dass der Wirtschaftsaufschwung bei allen ankommen muss und dass ich deshalb der Auffassung bin, dass Lohnerhöhungen gerechtfertigt sind“, sagte Kauder. Viele Arbeitnehmer hätten in der Krise ihren Beitrag geleistet, daher sollte der Aufschwung nun auch bei ihnen ankommen. (dapd)