Berlin. .
Das Ringen um eine Verschärfung des EU-Stabilitätspaktes geht in die letzte Runde. Der Entwurf für den EU-Gipfel in dieser Woche lässt eine Vertragsänderung offen. Unterdessen streitet die schwarzgelbe Koalition weiter über den Sanktionspakt.
Das Ringen um eine Verschärfung des EU-Stabilitätspaktes geht in die letzte Runde: Der Reuters vorliegende Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels Ende der Woche in Brüssel sieht zwar vor, den Beschluss der EU-Finanzminister abzusegnen. Dieser enthält eine Reihe von Vorschlägen, wie härter gegen Defizitsünder vorgegangen werden soll. In dem Entwurf fehlt aber bisher ein Passus über die von Deutschland und Frankreich geforderte zusätzliche Vertragsänderung, mit der Staaten mit dauerhaft hohen Etatdefiziten Stimmrechte in der EU entzogen werden soll. In Deutschland ging am Wochenende zwischen Union und FDP der Streit um die Verschärfung des EU-Stabilitätspaktes weiter.
Aus Sicht der Bundesregierung ist eine Vertragsänderung ein entscheidender Baustein, um die Eurozone auf Dauer zu stabilisieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy deshalb vergangenen Montag die schriftliche Zusage abgerungen, dass auch er eine Vertragsänderung unterstützt, die zudem eine Beteiligung privater Gläubiger an künftigen Krisenrettungen vorsehen soll.
Der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel soll deshalb nach dem Willen beider Regierungen ein klares Mandat an EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy beschließen, bis März 2011 konkrete Vorschläge auszuarbeiten. Nur mit dieser Vertragsänderung sei Deutschland bereit, sich ab 2013 weiter an einem neuen Euro-Rettungsmechanismus zu beteiligen, machte Merkel klar. Eine Reihe von EU-Staaten lehnt eine Vertragsänderung aber ab. Einige sind gegen den angedrohten Stimmrechtsentzug. Andere fürchten die nötigen nationalen Ratifizierungsverfahren bei einer Vertragsänderung.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sprach sich gegen den von Deutschland und Frankreich ausgehandelten Kompromiss aus. Die angestrebten Veränderungen würden nicht so durchgehen, sagte Asselborn am Sonntagabend im ZDF. „Deutschland und Frankreich haben Europa sehr oft vorangebracht, wenn sie sich geeinigt haben. Diesmal scheint es mir, dass nur die nationalen Interessen dieser zwei Länder zählen, und das ist nicht im Sinne Europas“, fügte er hinzu.
FDP erneuert Kritik, CDU hält dagegen
In Deutschland kritisierten zahlreiche FDP-Politiker, Merkel habe für das französische Zugeständnis eine Abschwächung des Sanktionsmechanismus gegen Defizitsünder in Kauf genommen. „Die Koalition wollte verbindliche Vertragsänderungen mit automatischen Sanktionen für Länder, die den Stabilitätspakt verletzten“, sagte etwa FDP-Generalsekretär Christian Lindner der „Saarbrücker Zeitung“. Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) betonte im „Spiegel“: „So darf eine Kanzlerin nicht mit dem Koalitionspartner umgehen.“
Allerdings unterstützten Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) den deutsch-französischen Kompromiss. „Ich war an der Vorbereitung der Gespräche der Kanzlerin und Sarkozy sowie der parallelen Beratungen in der Task Force der EU-Finanzminister stark beteiligt“, betonte Schäuble in der „Bild am Sonntag“. Zur FDP-Kritik sagte er, wer annehme, dass Deutschland bei 27 EU-Mitgliedern seine Positionen zu 100 Prozent durchsetzen könne, „dem fehlt das Verständnis für Europa“.
Trichet rügt Kompromiss
Nachdem EZB-Präsident Jean-Claude Trichet bereits offiziell Kritik an der Abschwächung des Sanktionsweges geübt hatte, wurden neue kritische Äußerungen des Franzosen bekannt. Laut „Spiegel“ soll er den deutschen Staatssekretär Jörg Asmussen auf der Sitzung der EU-Finanzminister in Luxemburg vergangenen Montag scharf kritisiert haben, als der Kompromiss von Deauville bekanntwurde.
Am Samstag relativierte Trichet diesen Bericht am Rande des Treffens der G20-Finanzminister in Südkorea jedoch: „Alles, was ich gesagt habe..., war, dass ich nicht alle Elemente des Task-Force-Berichts unterschreibe.“ Die Vorschläge der Task Force seien ausreichend für die 27 EU-Mitglieder. „Für die 16 (Euro-Staaten) könnten sie ambitionierter sein.“ Die EZB halte möglichst automatische Sanktionen für nötig, um die Effizienz einer Fiskalpolitik in der Eurozone zu garantieren. (rtr)