Brüssel. .
Die Europäische Kommission verschärft die Gangart gegen Haushaltssünder. Sie beschloss am Mittwoch ein umfassendes Gesetzespaket, nach welchem EU-Staaten bei Defizitverstößen schneller empfindliche Sanktionen drohen.
Mit ihrer Vorlage zieht die EU-Kommission die Konsequenz aus der Krise des hoch verschuldeten Griechenlands und des Euro im Frühjahr. „Wir müssen die Handbremse ziehen, bevor der Wagen in den Abgrund rollt“, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
Mit dem Paket aus fünf EU-Verordnungen und einer Richtlinie soll der Stabilitäts- und Wachstumspakt nach Kommissionsangaben wieder „Biss“ erhalten. „Sanktionen werden die normale Konsequenz für Länder sein, welche ihre Verpflichtungen nicht einhalten“, unterstrich die EU-Behörde. Sie beansprucht im Kern mehr Macht, um Defizitsünder mit hohen Geldstrafen belangen zu können. Die Vorlage ist unter den Mitgliedstaaten allerdings umstritten.
Worum geht es?
Die Schuldenkrise hat gezeigt, dass der Stabilitätspakt bisher in der Not versagt. Euro-Staaten können schnell an den finanziellen Abgrund geraten. Ihnen müssen dann andere – wie Deutschland – mit Milliardenkrediten beispringen. Deshalb sollen die Regeln des Pakts nun so verschärft werden, dass es gar nicht erst zu einem zweiten Fall Griechenland kommt.
Wie will die EU mehr Haushaltsdisziplin erzwingen?
Indem sie Euro-Länder früher und härter bestraft, die hohe Defizite und Schulden ansammeln. Bisher ist das zwar schon möglich, aber nur als letztes Mittel. Sind die Länder jedoch erst einmal in Not geraten, dann ist es Unfug, ihnen zusätzliche Lasten aufzubürden. Deshalb setzen die neuen Regeln früher an.
Wann muss ein Euro-Land zahlen?
Wenn ein Land hohe Schuldenberge nicht rasch genug abbaut, kann die EU-Kommission ein Verfahren eröffnen. Dann muss das Euro-Land ein Pfand hinterlegen, das es allerdings verzinst zurückerhält, sobald es auf den Sparkurs zurückkehrt. Liegt die jährliche Neuverschuldung eines Landes über drei Prozent der Wirtschaftsleistung – also des Bruttoinlandsprodukts (BIP) –, wird eine unverzinsliche Einlage fällig. Die kann, wenn sich nichts bessert, in eine Geldbuße umgewandelt und einbehalten werden.
Wie hoch sind die vorgesehenen Strafen?
Die Zwangseinlage soll 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Das wären im deutschen Beispiel immerhin mehr als fünf Milliarden Euro.
Wie soll das Verfahren gestrafft werden?
Bisher muss jeder Schritt von einer klaren Mehrheit der Euro-Länder gebilligt werden. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass eine härtere Gangart gegen einen Defizitsünder blockiert wurde, weil sich einzelne Euro-Staaten gegenseitig schonten. Künftig geht es quasi-automatisch voran. Wer das Verfahren stoppen möchte, muss fast alle auf seine Seite bringen.
Geht es nur um Schulden und Defizite?
Nein. Künftig wird auch die Wettbewerbsfähigkeit überprüft. Euro-Länder, die hohe Defizite (oder hohe Überschüsse) im Handel mit anderen Volkswirtschaften aufbauen oder in denen Häuserpreise durch die Decke schießen, riskieren eine Strafe – nämlich ein verzinstes Pfand in Höhe von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Allerdings nur, wenn die EU feststellt, dass die Regierung darauf Einfluss nehmen kann.