Washington. .

Nach der Veröffentlichung geheimer Dokumente zum Irak-Krieg wird der US-Regierung vorgeworfen, Verbrechen der einheimischen Sicherheitskräfte nicht nachgegangen zu sein. Die US-Regierung verurteilt die Veröffentlichung.

Nach der Veröffentlichung Hunderttausender geheimer Dokumente zum Irak-Krieg wird der US-Regierung vorgeworfen, Verbrechen der einheimischen Sicherheitskräfte nicht nachgegangen zu sein. Die Plattform WikiLeaks stellte am Freitag fast 400.000 Dokumente ins Internet, die unter anderem detaillierte Berichte über Misshandlungen von Häftlingen durch irakische Polizisten und Soldaten beschreiben. US-Medien berichteten, offenbar seien die amerikanischen Stellen in vielen Fällen den Vorwürfen nicht nachgegangen. Das Verteidigungsministerium verurteilte die Veröffentlichung. Diese gefährde US-Soldaten und ihre irakischen Verbündeten.

Im Juli hatte WikiLeaks bereits geheime Dokumente über den Afghanistan-Krieg ins Internet gestellt. Die neue Veröffentlichung ist das größte Informationsleck dieser Art in der Geschichte der USA. Die Dokumente stammen aus dem Zeitraum 2003 bis 2009 und wurden einigen Medien zum Teil zehn Wochen vor der Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Deren Berichten zufolge vermitteln die Unterlagen kein völlig neues, aber ein sehr detailliertes Bild über die Vorgänge im Irak sowie über die zivilen Opfer des Krieges. WikiLeaks zufolge ist darin der Tod von 66.081 irakischen Zivilisten protokolliert. In den Unterlagen finden sich den Presseberichten zufolge auch Belege für die US-Vorwürfe, der Iran unterstütze die Aufständischen im Irak.

Amnesty International: Offenbar Verstoß gegen Völkerrecht

Die „New York Times“ berichtete nach einer Auswertung der Dokumente, die US-Behörden seien in einigen Missbrauchsfällen den Vorwürfen gegen die irakischen Sicherheitskräfte nachgegangen. Allerdings schienen die meisten in den Archiven vermerkten Vorwürfe ignoriert worden zu sein. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, die USA hätten offenbar gegen Völkerrecht verstoßen, als sie Tausende Gefangene an die irakischen Behörden übergeben hätten. Es sei bekannt gewesen, dass Gefangene in irakischen Haftanstalten und geheimen Gefängnissen in schockierendem Ausmaß gefoltert und misshandelt worden seien. WikiLeaks zitierte ihren Gründer Julian Assange mit der Aussage, aus den Dokumenten lasse sich Material für 40 Anklagen wegen Tötungsdelikte gewinnen.

Das US-Verteidigungsministerium beschrieb die Texte als Berichte der Soldaten vor Ort aus einem Krieg, der ausführlich Dokumentiert worden sei. Große Überraschungen gebe es nicht.

Seit der US-geführten Invasion 2003 sind mehr als 4400 amerikanische Soldaten ums Leben gekommen. Nach dem Sieg über Präsident Saddam Hussein brachte eine Gewaltwelle das Land an den Rand eines Bürgerkriegs. Die Lage im Irak ist inzwischen vergleichsweise stabil, bis zum Ende des kommenden Jahres sollen alle US-Truppen abgezogen sein. Der Krieg spielt vor den Kongresswahlen Anfang November in den USA selbst eine eher geringe Rolle: Vordringliches Thema des Wahlkampfes ist die Wirtschaftslage. (rtr)