Dubai. .

Wikileaks hat offenbar geheime US-Militärdokumente über den Irak-Krieg veröffentlicht. Demnach sollen hunderte irakische Zivilisten an US-Checkpoints getötet worden sein. Auch habe die US-Armee Folter geduldet.

Trotz vehementen Protests der US-Regierung hat die Internetplattform Wikileaks am Samstag fast 400.000 Geheimdokumente zum Irak-Krieg veröffentlicht. Die Dokumente belegen unter anderem Folterungen in irakischen Gefängnissen und die hohe Zahl ziviler Opfer. Die USA forderten Wikileaks auf, die Dokumente umgehend aus dem Netz zu nehmen.

Die „New York Times“, der „Spiegel“, der britische „Guardian“ und die französische „Le Monde“ hatten die aus „einer Datenbank des Pentagon“ stammenden Unterlagen aus der Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2009 im Vorhinein ausgewertet. Die Unterlagen dokumentieren den blutigen Alltag des Kriegs und illustrieren die Hilflosigkeit der US-Truppen angesichts des zunehmenden Chaos im Irak. Wikileaks-Gründer Julian Assange sagte dem US-Nachrichtensender CNN, die Dokumente belegten ein „Blutbad“ in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Wikileaks wollte die Unterlagen am Samstagmorgen bei einer Pressekonferenz in London erläutern.

Offenbar hunderte irakische Zivilisten getötet

Aus den Dokumenten geht unter anderem hervor, dass die US-Armee von der brutalen Folterung von Gefangenen durch irakische Sicherheitskräfte wusste, oftmals aber nicht einschritt. Die Unterlagen dokumentieren auch, dass an Straßensperren mit US-Soldaten hunderte irakische Zivilisten getötet wurden. Einer internen Aufstellung der Armee zufolge wurden zwischen der Invasion 2003 und Ende 2009 insgesamt etwa 109.000 Iraker getötet, 63 Prozent von ihnen Zivilisten.

Wikileaks hatte bereits im Juli 77.000 geheime US-Dokumente zur Lage in Afghanistan veröffentlicht und sich damit den Zorn der US-Regierung zugezogen. Laut dem „Guardian“ stammen die Irak-Dokumente aus der selben Quelle. US-Außenministerin Hillary Clinton kritisierte solche Enthüllungen scharf. Es sei strengstens zu verurteilen, wenn durch solche Veröffentlichungen das Leben von Soldaten und Zivilisten aus den USA und seinen Partnerländern gefährdet werde, sagte Clinton in Washington.

Amnesty International: Washington muss aufklären

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) forderte die USA auf, die Übergriffe in irakischen Gefängnissen zu untersuchen. Washington müsse aufklären, „was US-Verantwortliche über Folter und Misshandlung von Gefangenen in irakischen Haftanstalten wussten“, erklärte die Generalsekretärin von ai in Deutschland, Monika Lüke, in Berlin. Ihre Organisation habe die jetzt veröffentlichten Dokumente noch nicht prüfen können, „auf den ersten Blick“ bestätigten sie aber, dass die USA bei der Übergabe tausender Gefangener an die irakischen Behörden gegen internationales Recht verstoßen hätten. Die Dokumente lieferten „weitere Beweise dafür, dass den US-Behörden die über Jahre andauernden systematischen Menschenrechtsverletzungen“ bekannt gewesen seien.

Laut „Spiegel Online“ erklärte die US-Regierung auf Anfrage, die knapp 400.000 Dokumente seien „im Prinzip Momentaufnahmen, die mal tragisch und mal belanglos sein können, aber kein Gesamtbild ergeben“. Sie lieferten „kein neues Verständnis der Geschehnisse im Irak“. Zudem kritisierte die US-Regierung, dass Wikileaks Menschen zur illegalen Weitergabe von Geheimdokumenten gebracht habe, die nun „leichtfertig mit der ganzen Welt“ geteilt würden. Damit gefährde Wikileaks das Leben von US-Soldaten, Alliierten und Irakern. Die US-Regierung forderte Wikileaks auf, die Irak-Protokolle sofort von seiner Web-Seite zu entfernen. (afp)