Stuttgart. .
Gegner und Befürworter von „Stuttgart 21“ sind endlich zu einem Gespräch zusammengekommen. Heiner Geißler hat die Konfliktparteien an einen runden Tisch gebracht. Nächsten Freitag ist der nächste Termin.
Fortschritt im Streit über "Stuttgart 21": Nach einem rund sechsstündigen Gespräch haben sich Gegner und Befürworter auf eine Fachschlichtung geeinigt. Bereits am kommenden Freitag wollen beiden Seiten ihre Argumente öffentlich austauschen. Als Zugeständnis an die Gegner erklärten sich Bahn und Landesregierung bereit, die Bauarbeiten am umstrittenen Grundwassermanagement nur teilweise weiterzuführen. Auch die Entkernung des Südflügels wird gestoppt. Bauarbeiten werden vorerst nicht vergeben. Ab sofort gilt eine Friedenspflicht. Geißler ist es damit im vierten Anlauf gelungen, einen Runden Tisch aus beiden Seiten zu organisieren.
Um 10.50 Uhr waren Gegner und Befürworter im Stuttgarter Rathaus zusammen gekommen. Die Gespräche gestalteten sich langwierig, zwischenzeitlich zogen sich die Parteien zurück, um zu beraten. Dann um 16.30 Uhr verkündeten Geißler, Verkehrsministerin Tanja Gönner und Gegnersprecher Hannes Rockenbauch einen Durchbruch, mit dem nur wenige gerechnet hatten.
"Stuttgart 21"-Schlichtung als neuer Prototyp zur Bürgerinformation
Sowohl im Internet als auch im Fernsehen sollen die Expertengespräche nach Vorstellung beider Seiten übertragen werden, um den Bürgern eine möglichst umfassende Informationsgrundlage zu liefern. "Wir wollen zeigen, dass in Zukunft auch schwierige technologische Projekte möglich sind", sagte Geißler. Erstes Thema der Gespräche sollen die Bedeutung und Leistungsfähigkeit des Bahnknotens und der Neubaustrecke sein. Dann sollen auch die weiteren Gesprächsthemen und -termine festgezurrt werden.
Da die Bürgerbewegung naturgemäß über geringere Finanzmittel verfügt als beispielsweise die Bahn und damit bei der Beauftragung von Gutachtern im Nachteil wäre, haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass die Gegner Steuermittel zur Verfügung gestellt bekommen. Im Nachtragshaushalt soll ein Sonderpunkt "Kosten für Schlichtung zu "Stuttgart 21"" aufgenommen werden, kündigte Gönner an. Die Bürgerinitiative hat es damit geschafft, auf Augenhöhe mit der Landesregierung zu verhandeln.
Ein bisschen Baustopp
Der Dialog soll laut Geißler bis zum letzten Novemberwochenende dauern, bis dahin gelte eine Friedenspflicht. Dies bedeute, dass die Bauarbeiten nicht weitergeführt würden. Als Einschränkung nannte Geißler jedoch die Bauarbeiten am Grundwassermanagement. Die begonnenen Erdaushubarbeiten, die Verfüllung, die Verlegung der Rohre und die Frostsicherung dürfen weitergeführt werden. Die Verschalung und Zementierung des Fundaments dürften allerdings erst erfolgen, wenn die Friedenspflicht abgelaufen sei. Rockenbauch zeigte sich etwas enttäuscht, dass man keinen kompletten Baustopp am Grundwassermanagement habe durchsetzen können. Ein bisschen Baustopp eben.
Wer sich nicht an die Friedenspflicht halte, "bekomme eine auf den Deckel", kündigte Geißler an. Die selbsternannten Parkschützer ihrerseits traten am Freitag aus dem Bündnis aus. Rockenbauch erläuterte, dass es für diese Gruppierung nicht tragbar sei, dass an dem Punkt weiter gebaut werde, wo am 30. September der "unverhältnismäßige Polizeieinsatz" und auch die Baumfällungen, deren Zulässigkeit inzwischen von einem Gericht angezweifelt werden, stattgefunden haben. (dapd)