Frankfurt. .
Salih S. hat der Sauerlandgruppe geholfen, Terroranschläge in Deutschland vorzubereiten. Dies gestand er vor Gericht. Er habe Kleidung und Nachtsichtgeräte gekauft. Er habe „nicht gemerkt, in einen Strom hineingezogen zu werden“.
Konzentriert verfolgt der als Terrorhelfer der sogenannten Sauerland-Gruppe angeklagte junge Mann vor dem Frankfurter Oberlandesgericht die rund halbstündige Verlesung der Anklageschrift. Er hat kurze Haare, ist rasiert und trägt einen Anzug mit weißem Hemd. So sah er nicht immer aus. Beim Prozessauftakt am Freitag schildert er seinen Weg in die Islamisten-Szene: Immer öfter ging er mit einem Freund zur Moschee, ließ sich Bart und Haare wachsen, trug afghanische Kleidung. Über den Fundamentalismus sagt er heute: „Das ist wie eine Gehirnwäsche, in die man sich selbst begibt.“
Der Mediengestalter Salih S. gesteht weite Teile der Anklage. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der Islamischen Jihad Union (IJU), und deren Unterstützung vor. Salih S. erzählt, er stand zwischen November 2006 und März 2007 in Kontakt zu dem späteren Hauptangeklagten im Sauerland-Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Adem Y.. Für diesen kaufte er im Internet Kampfbekleidung, GPS- und Nachtsichtgeräte und gab die Dinge weiter. Schleichend, so erzählt der Angeklagte, wandelte er sich durch den Einfluss eines Freundes vom nicht-praktizierenden Moslem in einen Fundamentalisten. „Ich habe nicht gemerkt, dass ich in einen Strom hineingezogen werde.“
Der Richter wiegt den Kopf
Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel fragt gründlich nach, wie die Familie und Freunde die Veränderung des Angeklagten erlebten. Salih S. erzählt, er habe seine Frau nicht mit Gewalt bekehren wollen. „Ich habe ihr religiöse Bücher hingelegt, bis sie sich von selbst für das Thema interessiert hat.“ Es sei die freie Entscheidung seiner Frau gewesen, das Kopftuch zu tragen.
Die radikale Überzeugung des jungen Familienvaters geht schließlich so weit, dass er seine Wohnung auflöst, mit der Familie zunächst in die Türkei zu seinen Schwiegereltern reist und dann weiter in den Iran und nach Waziristan, der pakistanischen Grenzregion, wo er ein Terrorcamp besucht. Seine EC-Karte überlässt er Adem Y., damit dieser ihn finanziell versorgen soll. Sein Einverständnis, das Geld für die Finanzierung des „heiligen Kriegs“ (Dschihad) zu verwenden, habe er nicht gegeben, beteuert Salih S.. Richter Sagebiel wiegt den Kopf.
Für das Training im Ausbildungslager der IJU habe er sich eine Kalaschnikow und mehrere Handgranaten gekauft, berichtet Salih S.. „Das war die Standardausrüstung für meinen Kampf.“ In Waziristan übt er den Umgang mit den Waffen. Er leistet einen Treueeid auf seinen Anführer bei der IJU. Allerdings bestreitet er vor Gericht, der IJU tatsächlich als Mitglied angehört zu haben. Er habe aus Sorge um seine Familie auch nicht an den Terroreinsätzen der IJU teilgenommen.
Dreijährige Haftstrafe möglich
Wegen seiner Familie habe er den Aufenthalt im Ausbildungslager der IJU schließlich beendet, erzählt der zweifache Vater. Obwohl er sich auf Nachfrage des Richters nicht an den Geburtstag seiner ältesten Tochter erinnern kann, beteuert er: „Ich liebe meine Tochter über alles. Sie war der Grund, weshalb ich zurückgekehrt bin.“
Sollte der 28-Jährige sein Geständnis beim nächsten Prozesstag am 11. Oktober fortsetzen, könnte er mit drei Jahren Haft bestraft werden. Diese Einigung hatten Anklage, Gericht und Verteidigung vor dem Prozess erwogen. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Stefan Bonn, ist mit dem Verlauf des ersten Prozesstages „zufrieden.“ (dapd)