Düsseldorf. .
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Urteile im Prozess um die Sauerland-Gruppe verkündet. Gegen die vier Mitglieder der Terror-Zelle verhängte das Gericht Haftstrafen zwischen fünf und zwölf Jahre. Damit ist einer der längsten Islamistenprozesse beendet.
In Namen des Islams planten sie den größten Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik: Dafür müssen die vier Terroristen der Sauerland-Gruppe nun mit langen Haftstrafen büßen. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht verurteilte am Freitag die beiden zum Islam konvertierten Deutschen Fritz Gelowicz und Daniel Schneider zu jeweils zwölf Jahren Gefängnis. Der Türke Adem Yilmaz muss für elf Jahre in Haft, der Deutsch-Türke Attila Selek für fünf Jahre.
Die Islamisten hatten nach eigenem Eingeständnis in den Jahren 2006 und 2007 im Auftrag der Islamischen Dschihad Union (IJU) in Deutschland Autobomben-Anschläge auf US-Soldaten in Discos, Kasernen und Flughäfen geplant. Dabei sollten mindestens 150 amerikanische Militärangehörige sterben. „Einen Anschlag von einem solchen Ausmaß hat es in Deutschland noch nie gegeben und auch nicht die Verabredung zu einem solchen Anschlag“, betonte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling in seiner Urteilsbegründung. In den Köpfen der Angeklagten habe die Vorstellung von einem „zweiten 11. September“ herumgespukt.
„Geißel unserer Zeit“
Das Verfahren habe mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, „zu welchen Taten hasserfüllte, verblendete und von verqueren Dschihad-Ideen verführte junge Menschen bereit und in der Lage sind“, betonte der Vorsitzende Richter. Dabei hätten den verblendeten Extremisten lückenhafteste Kenntnisse des Islams gereicht, um sich zu Todesengeln zu erheben und ohne Skrupel, ja mit höchster Begeisterung Hunderte Menschen im Namen ihrer Religion als Ungläubige und als Feinde des Islam zu töten.
Breitling bezeichnete den weltweiten islamistischen Terrorismus als „Geißel unserer Zeit“: Es gebe offenbar auch im Westen zahlreiche verführbare oder schon verblendete junge Männer, die bereit seien, „ihr eigenes Leben für ihre wirren Dschihad-Ideen zu opfern“.
Anschlags-Vorbereitungen begannen Ende 2006
Das Gericht sprach die Angeklagten Gelowicz, Schneider und Yilmaz der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, des versuchten Mordes und der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion für schuldig. Schneider wurde außerdem wegen versuchten Mordes verurteilt, da er auf der Flucht auf einen Polizisten geschossen hatte. Selek wurde wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens verurteilt.
Der 30-jährige Gelowicz war nach Überzeugung des Gerichts der Motor der Terrorzelle. Er habe spätestens Ende Dezember 2006 mit der Vorbereitung der Anschlagsvorhaben begonnen. Die anderen drei seien spätestens drei Monate später dazugestoßen.
Geständnisse umfassen 1700 Seiten
Gelowicz beschaffte insgesamt zwölf 65-Kilogramm-Fässer mit 35-prozentiger Wasserstoffperoxid-Lösung, aus der er Bomben herstellen wollte. Die fertigen Sprengsätze hätten nach Angaben des Gerichts eine Sprengkraft von etwa 410 Kilogramm TNT gehabt. Doch gelang es den Sicherheitsbehörden frühzeitig, die gefährliche Chemikalie gegen eine ungefährliche Flüssigkeit auszutauschen.
Breitling lobte die Arbeit der Ermittlungsbeamten, aber auch die umfangreichen Geständnisse der Angeklagten während des Verfahrens, die allein 1.700 Seiten umfassen. Dies habe den Behörden einen außergewöhnlich breiten und tiefen Einblick in die Abläufe und Zusammenhänge des islamistischen Terrorismus gegeben. Außerdem sei es dadurch möglich gewesen, die Verfahrensdauer deutlich zu verkürzen.
Im Düsseldorfer Hochsicherheitstrakt ging damit nach rund zehn Monaten und 65 Verhandlungstagen einer der größten Islamistenprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende. Allein die Verfahrensakten füllen über 600 Aktenordner. (apn)